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Aus den Hinweisen der Bundessteuerberaterkammer zum Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht, beschlossen vom Präsidium der Bundessteuerberaterkammer am 15. November 2012:
Im Fall der Insolvenz des Mandanten ist zwischen der Herausgabe von Mandantenunterlagen (Handakte) und Arbeitsergebnissen (Verkörperungen der vom Steuerberater erbrachten Leistungen) zu unterscheiden. Nach der noch zur Konkursordnung ergangenen Rechtsprechung besteht nach Eröffnung des Konkursverfahrens kein Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters an Mandantenunterlagen (vgl. BGH, Urteil v. 03.11.1989, Stbg 1990, S. 194; OLG Düsseldorf, Urteil v. 12.03.1982, StB 1984 S.50; OLG Hamm, Urteil v. 04.08.1987, StB 1988 S. 235; LG Duisburg, Urteil v. 01.04.1982 ZIP 1982, S. 603). Weil die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters mit der des Konkursverwalters im Wesentlichen vergleichbar ist, gilt diese Rechtsprechung auch nach Einführung der Insolvenzordnung fort (vgl. Kuhls/Goez, StBerG, 3. Aufl., § 66, Rn. 41). Da nach § 116 i. V. m. § 115 Abs. 1 InsO Geschäftsbesorgungsverträge und damit auch Steuerberatungsverträge durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen, ist der Steuerberater nach §§ 667, 675 BGB verpflichtet, die Mandantenunterlagen, da diese im Sinne des § 667 BGB aus der Geschäftsbesorgung erlangt sind, an den Insolvenzverwalter zur Masse herauszugeben.
Bei Arbeitsergebnissen ist danach zu differenzieren, wie der Insolvenzverwalter das ihm nach § 103 InsO zustehende Wahlrecht ausübt. Entscheidet er sich für die Erfüllung des Steuerberatungsvertrags, entstehen nach der Rechtsprechung des BGH die zunächst durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschenen beiderseitigen Erfüllungsansprüche mit dem ursprünglichen Inhalt neu und der Steuerberater hat bei verweigertem Honorar ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 320 BGB aus nicht erfüllten Vertrag (BGH, Urteil v. 25.10.1988, NJW 1989, S. 1216). Anders verhält es sich dann, wenn der Insolvenzverwalter für den Mandanten die Erfüllung ablehnt. In diesem Fall bleibt es dabei, dass der Steuerberatungsvertrag mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 116 InsO i. V. m. § 115 Abs. 1 InsO erloschen ist. Da kein Erfüllungsanspruch mehr besteht, braucht der Steuerberater nicht zu leisten und sein Arbeitsergebnis nicht herauszugeben.
Der BGH hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 25.10.1988 zwar festgestellt, dass die Arbeitsergebnisse des Steuerberaters als Erfüllung seiner Vertragspflichten nicht im Sinne des § 667 BGB erlangt sind und daher nach dieser Vorschrift auch nicht herausverlangt werden können. Es sind aber auch danach noch vereinzelt Entscheidungen ergangen, durch die der Steuerberater zur Herausgabe von Arbeitsergebnissen an den Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter verurteilt wurde. So hat das LG Essen entschieden, dass trotz bestehender Honorarrückstände die DATEV-Konten vom Steuerberater an den Konkursverwalter herauszugeben sind (LG Essen, Urteil v. 24.05.1996, ZIP 1996, S. 1878). Auch das LG Cottbus hat einen Steuerberater dazu verurteilt, die von ihm im Rahmen der Finanzbuchhaltung erstellten Kontenblätter an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Nach Auffassung des Gerichts sind auch Arbeitsergebnisse, die der Berater nicht körperlich an seinen Mandanten übergibt, nach deren Fertigstellung und faktischer „Ablieferung“, auch wenn diese zur weiteren Mandatsbearbeitung beim Steuerberater verbleiben, rechtlich aus dem Mandat erlangt und stellen damit Mandantenunterlagen im Sinne der Handakte dar (LG Cottbus, Urteil v. 02.05.2001, DStR-E 2002, S. 63).
Im vorläufigen Insolvenzverfahren kommt es darauf an, ob das Insolvenzgericht einen „starken“ oder „schwachen“ Insolvenzverwalter bestellt hat. Im ersteren Fall geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (§ 21 Abs. Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der „starke“ vorläufige Insolvenzverwalter hat damit dieselbe Rechtsstellung wie der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren. Er kann deshalb – anders als der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter – auch Auskunfts- und Herausgabeansprüche anstelle des Schuldners geltend machen. Inwieweit sich in diesem Fall der Steuerberater bei offenen Honorarforderungen auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 66 Abs. 4 StBerG berufen kann, ist noch nicht abschließend entschieden. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte tendiert aber dazu, zugunsten des vorläufigen Insolvenzverwalters zu entscheiden und ein Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters zu verneinen (vgl. zuletzt LG Berlin, Urteil v. 03.03.2006, 28 O 92/06 – betr. Herausgabe von bei der DATEV eG gespeicherten Finanz- und Lohnbuchführungsdaten).