Hinter dem komplizierten Satz, der in der Öffentlichkeit zunächst kein Echo fand, verbirgt sich eine einfache Botschaft. Schäuble erwägt die von Vorgänger Peer Steinbrück 2009 eingeführte Abgeltungssteuer zu kippen – und damit das Steuerprivileg für Bezieher hoher Zinseinkünfte. Statt pauschal 25 Prozent Steuer zu zahlen, müssten Anleger Kapitaleinkünfte über die Einkommensteuer abgelten.
Den Zeitpunkt schiebt Schäuble aus gutem Grund ins Jahr 2017. Die Abschaffung der Abgeltungsteuer wäre deshalb eine Steuererhöhung, weil der Einkommensteuersatz in den meisten Fällen deutlich höher als 25 Prozent liegt. Die Koalition hat für diese Legislaturperiode aber Steuererhöhungen ausgeschlossen. In der Unionsfraktion beharren die zuständigen Finanzpolitiker deshalb darauf, erst nach den nächsten Wahlen das Steuerprivileg abzuschaffen.
Der Austausch von Daten verschließt die Schlupflöcher
Die SPD will schon handeln, sobald der neue automatische Austausch von Informationen über Kapitaleinkünfte in Kraft ist, also Anfang 2016 . Die Abgeltungsteuer sei eingeführt worden, weil sich kaum kontrollieren ließ, wenn Unternehmen und Private Vermögen am Fiskus vorbei ins Ausland gebracht hatten, sagte Fraktions-Vize Carsten Schneider. Das Problem werde durch automatischen Austausch von Informationen gelöst. Wenn die Steuerschlupflöcher wegfielen, müsse auch die Gerechtigkeitslücke geschlossen werden.
Bereits im August hatte die SPD-Bundestagsfraktion ein Papier veröffentlicht, in dem sie forderte, die Abgeltungsteuer abzuschaffen. Damit gaben die Sozialdemokraten ihre frühere Position auf, die Steuer beizubehalten, aber den Satz von 25 auf 35 Prozent zu erhöhen. Die Bundestagsfraktion der Grünen legte jetzt eine Studie vor, welche die Steuer als „ungerecht und verfassungswidrig“ einstuft. Vize-Fraktionschefin Kerstin Andreae forderte, diese „noch in dieser Legislaturperiode abzuschaffen“.