Nachfolgend ein Beitrag vom 20.3.2017 von Geserich, jurisPR-SteuerR 12/2017 Anm. 3

Leitsätze

1. Aufwendungen für eine Feier anlässlich eines Geburtstags sind in der Regel auch durch die gesellschaftliche Stellung des Arbeitnehmers veranlasst und im Allgemeinen nicht als Werbungskosten anzuerkennen.
2. Allerdings kann sich trotz des herausgehobenen persönlichen Ereignisses aus den übrigen Umständen des einzelnen Falls ergeben, dass die Kosten für eine solche Feier ausnahmsweise ganz oder teilweise beruflich veranlasst sind.

A. Problemstellung

Streitig ist, ob Aufwendungen eines angestellten GmbH-Geschäftsführers für die Feier eines runden Geburtstags als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger war im Streitjahr (2011) alleiniger Geschäftsführer einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (GmbH). Er vollendete im Streitjahr sein 60. Lebensjahr. Anlässlich seines Geburtstags lud er sämtliche Mitarbeiter der GmbH sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden (insgesamt ca. 70 Personen) in eine Werkstatthalle des Arbeitgebers ein, der in die Organisation der Geburtstagsfeier eingebunden war. Die Werkstatthalle wurde für die Feierlichkeit mit Mobiliar des Arbeitgebers (Bierzeltgarnituren) ausgestattet. Die Feier fand an einem Freitag von 12 Uhr bis 17 Uhr statt. Ein Teil der Gäste erschien in Arbeitskleidung. Die Kosten der Feier beliefen sich auf ca. 35 Euro pro Person. Außerdem fanden private Geburtstagsfeiern des Klägers mit deutlich höheren Kosten statt.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 machten er die Aufwendungen für die Geburtstagsfeier i.H.v. 2.470 Euro als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die streitigen Aufwendungen bei der Einkommensteuerfestsetzung jedoch nicht.
Das Finanzgericht hatte der nach erfolglos eingelegtem Einspruch erhobenen Klage stattgegeben (FG Neustadt, Urt. v. 12.11.2015 – 6 K 1868/13). Der BFH hat die Revision des Finanzamts zurückgewiesen. Die Entscheidung des Finanzgerichts, die Aufwendungen des Klägers für die Feier aus Anlass seines 60. Geburtstags seien so gut wie ausschließlich beruflich veranlasst und deshalb als Werbungskosten zu berücksichtigen, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

C. Kontext der Entscheidung

Ob Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst sind, ist in erster Linie nach dem Anlass der Feier zu beurteilen. Allerdings ist der nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das alleinentscheidende Kriterium. Trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses kann sich aus den übrigen Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Aufwendungen für die Feier beruflich veranlasst sind. Umgekehrt begründet ein Ereignis in der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, die Aufwendungen für eine Feier seien (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst. Denn auch diese Ereignisse werden häufig im Rahmen eines privaten Festes unter Einschluss befreundeter Arbeitskollegen begangen. Ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, ist daher anhand weiterer Kriterien zu beurteilen. So ist von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter (des Steuerpflichtigen oder des Arbeitgebers), um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder ob das nicht der Fall ist (BFH, Urt. v. 11.01.2007 – VI R 52/03 – BStBl II 2007, 317; BFH, Urt. v. 01.02.2007 – VI R 25/03 – BStBl II 2007, 459; BFH, Urt. v. 10.07.2008 – VI R 26/07 – BFH/NV 2008, 1831; BFH, Urt. v. 08.07.2015 – VI R 46/14 – BStBl II 2015, 1013, und BFH, Urt. v. 20.01.2016 – VI R 24/15 – BStBl II 2016, 744).
Da Personen, die zusammen arbeiten, häufig auch private Kontakte untereinander pflegen, kann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich ferner bedeutsam sein, ob nur ausgesuchte Arbeitskollegen eingeladen werden oder ob die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird (BFH, Urt. v. 08.07.2015 – VI R 46/14 – BStBl II 2015, 1013; BFH, Urt. v. 20.01.2016 – VI R 24/15 – BStBl II 2016, 744).

D. Auswirkungen für die Praxis

Damit ist für das Auffinden des maßgeblichen Veranlassungszusammenhangs eine Gesamtschau des Einzelfalls erforderlich. Dieser obliegt in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Der BFH ist hieran gebunden, soweit die Würdigung verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Dabei kann sich das Finanzgericht von einer Vermutung leiten lassen. Liegt der Feier ein beruflicher Anlass zugrunde, beispielsweise die Bestellung zum Steuerberater (BFH, Urt. v. 08.07.2015 – VI R 46/14 – BStBl II 2015, 1013; Dürr, jurisPR-SteuerR 1/2016 Anm. 3), ein Dienstjubiläum (BFH, Urt. v. 20.01.2016 – VI R 24/15 – BStBl II 2016, 744 ; Dürr, jurisPR-SteuerR 44/2016 Anm. 3) oder eine Habilitation (BFH, Urt. v. 18.08.2016 – VI R 52/15), legt dies den Schluss nahe, dass die Aufwendungen hierfür (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, wenn lediglich Gäste aus dem beruflichen Umfeld nach abstrakten berufsbezogenen Gründen eingeladen werden (z.B. alle Arbeitnehmer einer Abteilung, alle Außendienstmitarbeiter oder Auszubildenden). Wird ein privates Ereignis, etwa ein Priesterjubiläum (BFH, Beschl. v. 24.09.2013 – VI R 35/11 – BFH/NV 2014, 500) oder ein Geburtstag gefeiert, spricht der erste Anschein zunächst für einen privaten Veranlassungszusammenhang. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem solchen Ereignis anfallen, sind nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig auch durch die gesellschaftliche Stellung des Arbeitnehmers veranlasst (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) und daher nicht als Werbungskosten anzuerkennen (BFH, Beschl. v. 24.09.2013 – VI R 35/11 – BFH/NV 2014, 500). Entsprechendes gilt bei Einzelunternehmern und Mitunternehmern von Personengesellschaften (z.B. BFH, Urt. v. 12.12.1991 – IV R 58/88 – BStBl II 1992, 524; BFH, Urt. v. 23.09.1993 – IV R 38/91 – BFH/NV 1994, 616, und BFH, Urt. v. 27.02.1997 – IV R 60/96 – BFH/NV 1997, 560; sowie BFH, Urt. v. 28.11.1991 – I R 13/90 – BStBl II 1992, 359 betr. die Übernahme der Kosten einer Veranstaltung aus Anlass des Geburtstags des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung). Denn die Einladung zu einem Empfang aus Anlass eines herausgehobenen Geburtstags entspricht einer gesellschaftlichen Konvention, die ihren Grund in der privaten Lebensführung hat. Sie dient dazu, mit Verwandten und Freunden einen besonderen Tag im Leben des Jubilars zu feiern. Je nach der sozialen und gesellschaftlichen Stellung des Jubilars bestimmt sich der gesellschaftliche Umfang der sich aus einem solchen Ereignis ergebenden Repräsentationspflichten und damit auch der Kreis der Gäste. Es ist allgemein üblich, dass solch herausgehobene Ereignisse wie ein runder Geburtstag nicht nur in der Familie begangen, sondern gerade bei Geschäftsleuten auch die Geschäftspartner, Berufskollegen und Mitarbeiter des eigenen Unternehmens einbezogen werden (BFH, Urt. v. 27.02.1997 – IV R 60/96 – BFH/NV 1997, 560). Dies gilt auch dann, wenn nur Personen aus dem beruflichen und/oder geschäftlichen Umfeld eingeladen werden. Denn auch in diesem Fall leisten die Personen der Einladung Folge, um ein in der persönlichen Sphäre liegendes Ereignis desjenigen zu feiern, mit dem sie ständig beruflich oder geschäftlich zu tun haben (BFH, Urt. v. 12.12.1991 – IV R 58/88 – BStBl II 1992, 524, m.w.N.).
Allerdings kann sich trotz eines herausgehobenen persönlichen Ereignisses aus den übrigen Umständen des einzelnen Falls ergeben, dass die Kosten für die Feier eines Arbeitnehmers ausnahmsweise ganz oder teilweise beruflich veranlasst sind. Dies ist insbesondere möglich, wenn die Feier nicht in erster Linie der Ehrung des Jubilars und damit nicht der repräsentativen Erfüllung gesellschaftlicher Konventionen, sondern dem kollegialen Miteinander und daher der Pflege des Betriebsklimas dient, der Jubilar mit seiner Einladung der Belegschaft (den Kolleginnen und Kollegen) Dank und Anerkennung zollt oder gefestigten betrieblichen Gepflogenheiten Rechnung trägt.
Indizien hierfür sind ausweislich der Besprechungsentscheidung beispielsweise, dass ausschließlich Personen aus dem beruflichen Umfeld ((sämtliche) Mitarbeiter und der Aufsichtsratsvorsitzende der GmbH) eingeladen waren, der Arbeitgeber in die Organisation der Veranstaltung eingebunden und damit zumindest mittelbar an deren Kosten beteiligt war, die maßvollen Kosten (ca. 35 Euro pro Person bei ca. 70 Gästen), der Veranstaltungsort (mit Bierzeltgarnituren hergerichtete und einfach geschmückte Werkstatthalle des Arbeitgebers) und die Veranstaltungszeit (freitags von 12 Uhr bis 17 Uhr und damit zumindest teilweise während der Arbeitszeit), die Billigung der Feier durch den Arbeitgeber, dass die Gäste teilweise in Arbeitskleidung zur Feier erschienen sind und der Geburtstag im privaten Rahmen und mit deutlich höheren Kosten gefeiert worden ist.
Damit konnte das Finanzgericht revisionsfest auf eine beruflich veranlasste Feier erkennen, weil diese trotz der gehobenen beruflichen Position des Klägers keinen repräsentativen, sondern einen rustikalen betriebsinternen Charakter hatte. Angesichts dessen war auch nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht dem Umstand, dass der Kläger selbst und nicht sein Arbeitgeber – eine kommunale Gesellschaft – zu der Geburtstagsfeier eingeladen hat, im Streitfall keine entscheidende Bedeutung zulasten des Klägers beigemessen hat.
Die Abzugsbeschränkung gemäß den §§ 9 Abs. 5 i.V.m. 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG kommt nicht zur Anwendung, wenn – wie vorliegend – ein Arbeitnehmer aus beruflichem Anlass Aufwendungen für die Bewirtung von Arbeitskollegen trägt (BFH, Urt. v. 20.01.2016 – VI R 24/15 – BStBl II 2016, 744, m.w.N.). Sind Aufwendungen für eine Feier gemischt veranlasst, weil daran sowohl Gäste aus dem privaten als auch dem beruflichen Umfeld teilgenommen haben, sind die Gesamtkosten anteilig nach Gästen aufzuteilen (BFH, Urt. v. 08.07.2015 – VI R 46/14 – BStBl II 2015, 1013; Dürr, jurisPR-SteuerR 1/2016 Anm. 3).