Nachfolgend ein Beitrag vom 5.11.2018 von Wild, jurisPR-SteuerR 44/2018 Anm. 3
Orientierungssätze zur Anmerkung
1. Eine Kapitalgesellschaft verfügt aus körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre, so dass alle Aufwendungen der Klägerin als Betriebsausgabe und sämtliche von der Gesellschaft angeschafften Wirtschaftsgüter als Betriebsvermögen anzusehen sind; ein Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen einer GmbH ist daher nicht notwendig.
2. Lediglich bei einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung der Aufwendungen ist nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine außerbilanzielle Hinzurechnung der Aufwendungen notwendig. Dafür trägt das Finanzamt die Beweislast (objektive Feststellungslast).
3. Bestreitet die GmbH eine private Nutzung eines zu ihrem Betriebsvermögen gehörenden Mercedes und steht dem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer für private Fahrten ein anderes, privates Fahrzeug von Mercedes zur Verfügung, das dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist bzw. einen höheren Gebrauchswert hat, ist nach den Grundsätzen des BFH (Urt. v. 04.12.2012 – VIII R 42/09) der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Pkws entkräftet. Zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung müsste das Finanzamt eine private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs beweisen.
A. Problemstellung
Das FG München hatte über die Beweislastverteilung für die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen einer GmbH für einen Mercedes Benz (MB) G290 und einen MB G500 als Betriebsfahrzeuge und für die Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu entscheiden.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
I. Die Klägerin, eine GmbH, betrieb Bars, Restaurants und Clubs. Der MB G290 wurde angeschafft, um ihn zu einer rollenden Bar umzubauen. Den MB G500 vermietete die GmbH, bevor sie den PKW im Folgejahr an ihren Alleingesellschafter verkaufte. Nach einer Betriebsprüfung setzte das Finanzamt für die Streitjahre 2009 und 2010 verdeckte Gewinnausschüttungen für die Nutzung der beiden PKW an. Es war der Ansicht, für den Betrieb einer Bar werde grundsätzlich kein Fahrzeug benötigt. Außerdem sei für Besorgungsfahrten noch ein weiterer PKW im Betriebsvermögen vorhanden gewesen. Das Finanzamt ermittelte verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe der auf die beiden Fahrzeuge entfallenden Kosten für die Jahre 2009 und 2010 abzüglich der Einnahmen aus der Vermietung des MB G500. Die Klägerin trug hiergegen vor, bei dem Fahrzeug MB G290 handele es sich um ein Nutzfahrzeug (LKW), das zum Zwecke einer rollenden Bar gekauft worden sei. Aufgrund von Auflagen und Kosten sei von einer Umsetzung der Idee einer rollenden Bar jedoch abgesehen worden. Das Fahrzeug sei stattdessen im Rahmen diverser Umbauten für Transport- und Reparaturfahrten, für Materialeinkauf und zur Schuttabfuhr genutzt worden. Auch die Kosten für den MB G500 seien anzuerkennen, da der Alleingesellschafter das Fahrzeug nicht privat genutzt habe. Der Gesellschafter habe für die Privatnutzung einen MB 230 GE gehabt, der dem MB G500 in Status und Gebrauchswert vergleichbar sei. Das Finanzamt erkannte daraufhin die betriebliche Nutzung nur des MB G290 an. Im Übrigen hatte der Einspruch keinen Erfolg.
Das Finanzgericht stellte fest, das Finanzamt habe im Zusammenhang mit dem MB G500 zu Unrecht verdeckte Gewinnausschüttungen angenommen. Eine GmbH müsse den Nachweis der Betriebsvermögenseigenschaft nicht führen. Kapitalgesellschaften haben aus körperschaftsteuerlicher Sicht keine außerbetriebliche Sphäre, so dass grundsätzlich alle Aufwendungen als Betriebsausgaben und sämtliche von der Gesellschaft angeschafften Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen sind. Für die gesellschaftsrechtliche Veranlassung von Aufwendungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG trägt das Finanzamt die Beweislast (objektive Feststellungslast). Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt bei jeder Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung der Kapitalgesellschaft vor, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit)veranlasst ist, nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht und sich auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt. Bei Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis vor, wenn die Kapitalgesellschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters den Vermögensvorteil nicht gewährt hätte. Die Beweislast für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung trägt grundsätzlich das Finanzamt. Hier hatte das Finanzamt jedoch nichts zu den Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung vorgetragen. Insbesondere fehlten Anhaltspunkte für eine Nutzung des Fahrzeugs durch den Gesellschafter für außerbetriebliche Zwecke, da dem Gesellschafter ein vergleichbares, privates Fahrzeug zur Verfügung stand.
C. Kontext der Entscheidung
I. Die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BFH, dass Kapitalgesellschaften keine außerbetriebliche Sphäre haben und deshalb ausschließlich über Betriebsvermögen verfügen (BFH, Urt. v. 22.08.2007 – I R 32/06 – BStBl II 2007, 961; Anm. Heger, jurisPR-SteuerR 49/2007 Anm. 5).
Eine verdeckte Gewinnausschüttung setzt eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung der Kapitalgesellschaft voraus, die durch das Gesellschaftsverhältnis (mit)veranlasst ist, nicht auf einem Gewinnverwendungsbeschluss beruht, sich auf den Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und objektiv geeignet ist, bei dem Gesellschafter zu einem sonstigen Bezug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu führen (BFH, Urt. v. 07.08.2002 – I R 2/02 – BStBl II 2004, 131). Eine Veranlassung einer Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis wird von der Rechtsprechung angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH, Urt. v. 16.03.1967 – I 261/63 – BStBl III 1967, 626). Im Verhältnis zu einem beherrschenden Gesellschafter wird die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bejaht, wenn eine im Voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarung mit der Kapitalgesellschaft fehlt (BFH, Urt. v. 10.07.1974 – I R 205/72 – BStBl II 1974, 719).
II. Zur Beweislastverteilung stellte das Finanzgericht klar, dass ein Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen einer Kapitalgesellschaft nicht notwendig ist. Behauptet das Finanzamt eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung von Aufwendungen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, habe es diese zu beweisen. Vorliegend sprach der Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung der betrieblichen Pkw durch den Alleingesellschafter. Werden betriebliche Fahrzeuge zu privaten Zwecken zur Verfügung gestellt, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Privatnutzung tatsächlich auch erfolgt (BFH, Urt. v. 04.12.2012 – VIII R 42/09 Rn. 15 – BStBl II 2013, 365; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 13/2013 Anm. 2). Der Beweis des ersten Anscheins kann aber durch Gegenbeweis erschüttert werden, indem ein Sachverhalt dargelegt wird, aus dem ein der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechendes Geschehen folgt (BFH, Urt. v. 07.11.2006 – VI R 19/05 – BStBl II 2007, 116; Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 5/2007 Anm. 1). Für den Fall der Privatnutzung von betrieblichen Fahrzeugen soll der Gegenbeweis erbracht sein, wenn im Privatvermögen des Gesellschafters ein in Ausstattung, Fahrleistung und unter Prestigegesichtspunkten vergleichbares Fahrzeug vorhanden ist (BFH, Urt. v. 19.05.2009 – VIII R 60/06 – BFH/NV 2009, 1974). Nach dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt konnte der Alleingesellschafter der GmbH für private Fahrten ein anderes, privates Fahrzeug der G-Klasse von Mercedes nutzen. Somit war der Anscheinsbeweis für eine private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs entkräftet. Darüber hinaus hatte das Finanzamt keine weiteren Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung vorgetragen. Der Klage war somit stattzugeben.
D. Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung bestätigt die Rechtsprechung des BFH hinsichtlich der Nachweispflicht der betrieblichen Veranlassung von Wirtschaftsgütern einer Kapitalgesellschaft und der Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.
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