Nachfolgend ein Beitrag vom 4.9.2017 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 36/2017 Anm. 3

Leitsätze

1. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Beteiligten einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine Mitunternehmerschaft bilden. Über diese Frage ist grundsätzlich – bejahend oder verneinend – im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte zu entscheiden.
2. Die Zulassung einer „Querorganschaft“, die eine Ergebniskonsolidierung im Gleichordnungskonzern ermöglichen würde, ist nicht aus unionsrechtlichen Gründen geboten.

A. Problemstellung

Die Entscheidung behandelt im Rahmen der verfahrensrechtlichen Fragen – Rechtsfolgen einer unterlassenen, zwingenden Aussetzung des Klageverfahrens gemäß § 74 FGO sowie zu den Voraussetzungen einer vorgreiflich vorzunehmenden einheitlichen und gesonderten Feststellung – ohne abschließende Entscheidung auch wichtige, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Schrifttum noch nicht abschließend geklärte materiell-rechtliche Fragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnpools.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Beteiligten streiten über die steuerlichen Auswirkungen eines Vertrages über die Bildung einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft (Gewinngemeinschaft).
Die Klägerin, eine GmbH, gehörte wie die Beigeladene, eine AG, zum X-Konzern. Klägerin und Beigeladene waren im Streitjahr 2006 Schwestergesellschaften, die als Holdinggesellschaften für zwei verschiedene Unternehmensbereiche des Konzerns fungierten. Ihnen waren jeweils inländische Beteiligungsgesellschaften nachgeordnet, zu denen steuerrechtlich Organschaftsverhältnisse bestanden.
In aufsteigender Linie der Konzernstruktur war die X Kapitalgesellschaft mit Sitz in A-Stadt (Ausland) Muttergesellschaft der Klägerin; Muttergesellschaft der Beigeladenen war die X Kapitalgesellschaft mit Sitz in B-Stadt (Ausland), ihrerseits eine „Tochter“ der X Kapitalgesellschaft in A-Stadt. Mit den Muttergesellschaften wurden mit Wirkung zum 01.01.2005 zivilrechtlich wirksame Beherrschungsverträge i.S.d. § 291 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 AktG geschlossen.
Außerdem kam zwischen den beiden Schwestergesellschaften im Dezember 2004 ein „Vertrag über die Bildung einer Gewinn- und Verlustgemeinschaft“ zustande. Langfristiges Ziel sei es, die Gesellschaften in einigen Jahren zu verschmelzen. Nach dem Vertrag verpflichteten sich die Vertragsparteien, „jeweils ihr gesamtes handelsrechtliches Jahresergebnis, sowohl Gewinne als auch Verluste, zur Aufteilung des gemeinschaftlichen Ergebnisses zusammenzulegen“. Die nach den gleichen handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelten Jahresergebnisse waren zum gemeinschaftlichen Ergebnis zusammenzurechnen und sollten sodann auf die Vertragsparteien im Verhältnis 1:1 aufgeteilt werden. Der Vertrag sollte auf unbestimmte Zeit geschlossen sein. Der Gewinngemeinschaftsvertrag wurde in den Handelsregistern eingetragen und von den Vertragsparteien vollzogen. Klägerin und Beigeladene behandelten die aufgrund der konkreten Ergebnisaufteilung geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben und die empfangenen Zahlungen als Betriebseinnahmen. In den Bilanzen wurden in entsprechender Weise je nach Aufteilungsergebnis Forderungen und Verbindlichkeiten ausgewiesen.
Das beklagte Finanzamt folgte dem nicht. Es qualifizierte die Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und verdeckte Einlagen. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das FG Stuttgart (Urt. v. 24.03.2014 – 10 K 1661/12) ging von einer gesellschaftsrechtlichen Mitveranlassung des Vertragsschlusses und der Vertragsdurchführung aus und bestätigte die finanzbehördliche Rechtsanwendung.
Der BFH gab der Revision der Klägerin statt, hob das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Der BFH führte zur Begründung aus:
I. Es liege ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens vor, da das Finanzgericht das Verfahren über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheids nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt habe, bis durch einen – positiven oder negativen – Bescheid entschieden sei, ob eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte geboten sei.
II. Körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte seien dann gemäß § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen seien. Bei einem Gewerbebetrieb sei diese Voraussetzung erfüllt, wenn mehrere Personen den Betrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führten (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Mitunternehmer sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch, wer am Betrieb eines anderen als atypisch stiller Gesellschafter bzw. diesem ähnlicher Innengesellschafter beteiligt sei (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 12.05.2016 – IV R 27/13 – BFH/NV 2016, 1559 m.w.N., dazu Spieker, jurisPR-FamR 26/2016 Anm. 1).
III. Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung müsse bereits dann durchgeführt werden, wenn zweifelhaft sei oder es nur möglich erscheine, dass Einkünfte vorlägen, an denen mehrere Personen beteiligt seien. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Zweifel rechtlicher oder tatsächlicher Natur seien. Das Feststellungsverfahren sei auch dann durchzuführen, wenn, wie im Streitfall, das für dieses Verfahren zuständige Finanzamt gleichzeitig für die Festsetzung der Körperschaftsteuer aller möglicherweise an den Einkünften beteiligten Steuerpflichtigen zuständig sei (BFH, Urt. v. 09.06.2015 – X R 38/12 Rn. 21 – BFH/NV 2015, 1588 m.w.N.).
IV. Im Streitfall könne nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass gemeinschaftlich Einkünfte aufgrund einer Mitunternehmerschaft zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erzielt worden seien. Denn es sei streitig und höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt, ob – und bejahendenfalls unter welchen Bedingungen – der Abschluss eines Gewinngemeinschaftsvertrages i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine Mitunternehmerschaft der Vertragsbeteiligten zu begründen vermöge. Zu den rechtlichen Zweifeln träten tatsächliche Unklarheiten hinzu, ob die Partner des Gewinngemeinschaftsvertrages als Mitunternehmer zu qualifizieren sein könnten. Über diese offenen Fragen sei verbindlich – bejahend oder verneinend – in dem dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu entscheiden.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung setze eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG regelmäßig das Vorliegen einer Personengesellschaft voraus (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl., § 15 Rn. 257, 262 m.w.N.). Diese Voraussetzung sei im Streitfall ernstlich in Betracht zu ziehen.
V. Die Gewinngemeinschaft begründe vertragliche Ansprüche auf Zusammenlegung und Aufteilung des erfassten Gewinns nach dem vereinbarten Schlüssel. Sie stelle eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.d. §§ 705 ff. BGB dar (Langenbucher in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 292 Rn. 4; Altmeppen in: MünchKomm AktG, 4. Aufl., § 292 Rn. 12; eingehend Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, 1984, S. 99 ff.; vgl. auch RFH, Urt. v. 09.05.1934 – VI A 833/33 – RFHE 36, 128; BGH, Urt. v. 23.05.1957 – II ZR 250/55 – BGHZ 24, 279). Da sie regelmäßig nicht als solche nach außen hin in Erscheinung trete und sie regelmäßig über kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen verfügen werde, handele es sich um eine Innengesellschaft, die aber als „andere Gesellschaft“ i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die personengesellschaftsrechtliche Grundlage für eine ertragsteuerrechtliche Mitunternehmerschaft bilden könne. Denn Gesamthandsvermögen und Außenauftreten seien keine notwendigen Bedingungen für das Vorliegen einer solchen (z.B. BFH, Urt. v. 01.08.1996 – VIII R 12/94 – BStBl II 1997, 272, Rz. 29; a.A. noch BFH, Urt. v. 09.10.1964 – VI 317/62 U – BStBl III 1965, 71 zu einem mit § 291 Abs. 1 Nr. 1 AktG vergleichbaren Poolvertrag). Im Übrigen sei allein im Feststellungsverfahren zu entscheiden, ob gerade auch im zu beurteilenden Einzelfall der abgeschlossene Vertrag die Merkmale einer auf Leistungsvereinigung gerichteten BGB-Gesellschaft (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., Einf v § 320 Rn. 6; Palandt/Sprau, BGB, § 705 Rn. 9, 20, 42) erfülle (vgl. Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 103 ff., S. 115), oder ob es sich um einen „bloß“ schuldrechtlichen Austauschvertrag handele (so z.B. Walter, BB 1995, 1876).
VI. Die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG setze ferner voraus, dass die Personengesellschaft einen Gewerbebetrieb unterhalte (Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn. 180).
Diese Anforderung beziehe sich zum einen auf die Einkunftsart, um gewerbliche z.B. von vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaften oder von Liebhabereibetrieben abzugrenzen. Zum anderen diene sie der Unterscheidung zwischen der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angesprochenen einzelunternehmerischen und der in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesprochenen mitunternehmerischen Betätigung des Steuerpflichtigen. In diesem Sinne sei „Gewerbebetrieb der Personengesellschaft“ dahin zu verstehen, dass sich mindestens zwei Personen zu gemeinschaftlicher gewerblicher Betätigung zusammengefunden haben müssten (Reiß in: Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 15 Rn. 170). Bei einer Innengesellschaft käme es darauf an, dass ein Gesellschafter ein gewerbliches Unternehmen für Rechnung aller Gesellschafter betreibe (Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn. 180). Eine solche Innengesellschaft könne auch auf bestimmte Geschäftsbereiche eines „einheitlichen“ Handelsgewerbes beschränkt werden, so dass auch mehrere Mitunternehmerschaften nebeneinander bestehen könnten (vgl. Schmidt/Wacker, EStG, § 15 Rn. 360 m.w.N.). Im Streitfall sei das Vorliegen auch dieser Voraussetzung in Betracht zu ziehen.
Die Klägerin und die Beigeladene hätten jeweils kraft Rechtsform einen Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG) unterhalten. Folglich stelle sich im Kern lediglich die Abgrenzungsfrage, ob vorliegend zwei Einzelunternehmen – im rechtsähnlichen Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – zur Beurteilung anstünden oder ob sich die Parteien des Gewinngemeinschaftsvertrages zu gemeinschaftlicher gewerblicher Betätigung verbunden hätten.
VII. Der RFH habe die Annahme einer Mitunternehmerschaft u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass die Betriebe der Parteien des Gewinngemeinschaftsvertrages aufgrund dieses Vertrages nicht zu einem gemeinsamen Gewinnunternehmen verbunden würden (vgl. RFH, Urt. v. 09.05.1934 – VI A 833/33 – RFHE 36, 128). Diese Begründung schließe die Annahme einer Mitunternehmerschaft jedoch nicht vollständig aus. Vielmehr habe der RFH selbst erwogen, ob sich – im Streitfall aus der Perspektive der Klägerin – der eine Vertragspartner auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage mitunternehmerisch am Gewerbebetrieb des anderen Vertragsteils – im Streitfall der Beigeladenen – beteiligt habe (RFH, Urt. v. 09.05.1934 – VI A 833/33 – RFHE 36, 128; Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 273 und S. 456 f.). Dieser wiederum könnte sich in vergleichbarer Weise am Gewerbebetrieb des Erstgenannten beteiligt haben, so dass zwei Mitunternehmerschaften bestehen könnten. Gemeinschaftliche Einkünfte habe der RFH somit nicht wegen rechtsgrundsätzlicher Bedenken verneint, sondern aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage der damals herrschenden Dogmatik der ertragsteuerrechtlichen Mitunternehmerschaft. Der RFH habe für die Mitunternehmerstellung auf eine – wechselseitige – Kapitalbeteiligung und Mitarbeit abgestellt, die im Urteilsfall aber nicht gegeben gewesen sei.
Bereits aufgrund der erheblich gewandelten Rechtsprechung zum Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sei daran nicht mehr festzuhalten (zutreffend Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 472). Vielmehr komme es allein darauf an, ob die Klägerin als Gesellschafterin einer „anderen Gesellschaft“ i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Mitunternehmerin des Betriebs (Gewerbe der Beigeladenen) angesehen werden könne. Dies wiederum hänge davon ab, ob sie Mitunternehmerrisiko trage und Mitunternehmerinitiative entfalten könne (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 16.12.2003 – VIII R 6/93 – BFH/NV 2004, 1080; BFH, Urt. v. 01.07.2010 – IV R 100/06 – BFH/NV 2010, 2056; Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 473). Darüber sei aufgrund einer Gesamtwürdigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalles abschließend im Feststellungsverfahren zu befinden. Dass zwei Mitunternehmerschaften nebeneinander auf der Grundlage nur eines Gesellschaftsvertrages bestünden, schade im Übrigen nicht (Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 273).
VIII. Für die Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genüge es nicht, dass sich Gesellschafter zu gemeinsamer gewerblicher Betätigung verbunden hätten. Sie müssten nach ständiger Rechtsprechung Mitunternehmer sein, also Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 16.12.2003 – VIII R 6/93 – BFH/NV 2004, 1080, und BFH, Urt. v. 01.07.2010 – IV R 100/06 – BFH/NV 2010, 2056). Für die Entscheidung des den Körperschaftsteuerbescheid betreffenden Revisionsverfahrens genüge hierzu die Feststellung, dass es in Betracht komme, die Beteiligten eines Gewinngemeinschaftsvertrages als Mitunternehmer anzusehen (vgl. Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 127, 133 und 143 ff.).
IX. Schließlich falle es auch in den Regelungsbereich des Feststellungsverfahrens, darüber zu befinden, ob eine Mitunternehmerschaft auf der Basis einer Gewinngemeinschaft aus übergeordneten Gründen steuerlich nicht anzuerkennen sei. Demgemäß wäre auch das Vorbringen des beigetretenen BMF, wonach allgemeine ertragsteuerliche Prinzipien, namentlich das Steuersubjekt- und das Leistungsfähigkeitsprinzip, als auch die organschaftlichen Sonderregelungen (§§ 14 ff. KStG) der mit der Gewinngemeinschaft intendierten Ergebniskonsolidierung von vornherein entgegenstünden, im Feststellungsverfahren zu würdigen; Gleiches gelte für die Frage, ob mit Blick auf die Gesellschafterinteressen die Vereinbarung schon „dem Grunde nach“ die Einkommensermittlung nicht berühre. Entgegen dem Vortrag der Klägerin sei die steuerwirksame Berücksichtigung der (Ausgleichs-)Zahlung an die Beigeladene nicht bereits aus unionsrechtlichen Gründen geboten. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit der ausländischen Konzernmutter sei der deutsche Gesetzgeber nicht gehalten, eine „Querorganschaft“ bzw. eine steuerliche „Querkonsolidierung“ im Gleichordnungskonzern zuzulassen. Der Senat vermöge im Ausschluss der „Querorganschaft“ durch die tatbestandliche Ausgestaltung der Organschaft in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 KStG – das Merkmal der finanziellen Eingliederung setze einen Überordnungskonzern voraus – keine Diskriminierung grenzüberschreitender Sachverhalte zu erkennen, da es auch im rein inländischen Sachverhalt der Konzernmutter verwehrt sei, eine steuerrechtliche Ergebnispoolung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften zu bewirken.
Über die Frage der Qualifizierung geleisteter Zahlungen als vGA wäre ebenfalls im Feststellungsverfahren zu entscheiden (vgl. allgemein z.B. BFH, Urt. v. 15.11.1988 – VIII R 339/83 Rn. 35 – BFH/NV 1989, 682 m.w.N.). Zwar sei – auf der Basis einer im Streitfall in Betracht zu ziehenden gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung durch die Beteiligten einer Gewinngemeinschaft – einer gesellschaftsvertraglich festgelegten Gewinnverteilung steuerrechtlich grundsätzlich zu folgen. Doch erfahre dieser Grundsatz Einschränkungen, wenn für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend seien, sondern die Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst sei, die ihre Grundlage nicht im Personengesellschaftsverhältnis hätten. So könnte bei einer Gewinngemeinschaft – als in Betracht zu ziehender BGB-Gesellschaft – die Gewinnverteilung durch das Gesellschaftsverhältnis zwischen den beteiligten Kapitalgesellschaften zu ihren Anteilseignern (Muttergesellschaft) beeinflusst sein, so dass die vertragliche Gewinnverteilung für Zwecke der Zurechnung der Einkünfte einer Korrektur bedürfte. Eine solche Korrektur der Gewinnverteilung finde im Rahmen der Verteilung des Gewinns der Mitunternehmerschaft statt. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte einer Mitunternehmerschaft werde dem Gesellschafter der angemessene Gewinnanteil zugerechnet (zum Vorstehenden BFH, Urt. v. 18.06.2015 – IV R 5/12 Rn. 32 und 34 – BStBl II 2015, 935).
X. Die Aussetzung des Klageverfahrens gegen den Körperschaftsteuerbescheid gemäß § 74 FGO habe auch nicht deshalb unterbleiben dürfen, weil ein Feststellungsverfahren wegen geringer Bedeutung gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO entbehrlich sei.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne von der Verfahrensaussetzung nur dann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO offensichtlich vorlägen (BFH, Urt. v. 09.06.2015 – X R 38/12 Rn. 22, 31 und 32 – BFH/NV 2015, 1588 m.w.N.). Daran fehle es. Weise ein Fall rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf, so sei er nicht von geringer Bedeutung (vgl. BFH, Urt. v. 09.06.2015 – X R 38/12 – BFH/NV 2015, 1588). Angesichts der erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Zweifelsfragen, die der Abschluss des Gewinngemeinschaftsvertrages als denkbarer Grundlage für eine ertragsteuerliche Mitunternehmerschaft aufwerfe, könne der Streitfall – objektiv – nicht als unbedeutend qualifiziert werden.

C. Kontext der Entscheidung

I. Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung muss bereits dann durchgeführt werden, wenn zweifelhaft ist oder es nur möglich erscheint, dass Einkünfte vorliegen, an denen mehrere Personen beteiligt sind (BFH, Urt. v. 09.05.1984 – I R 25/81 – BStBl II 1984, 726; BFH, Urt. v. 12.11.1985 – IX R 85/82 – BStBl II 1986, 239; BFH, Urt. v. 17.12.2003 – I R 47/02 – BFH/NV 2004, 771).Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung vorliegen, kann verbindlich nur in dem Feststellungsverfahren entschieden werden (BFH, Beschl. v. 22.08.2013 – X B 16-17/13 Rn. 15 – BFH/NV 2013, 1763).
Wegen der Kompetenzverteilung zwischen den für die Feststellung der Besteuerungsgrundlage und für die Festsetzung der Steuer zuständigen Finanzbehörden und des aus § 86 AO sich ergebenden Legalitätsprinzips ist ein (positiver oder negativer) Feststellungsbescheid schon dann zu erlassen, wenn das Bestehen einer Mitunternehmerschaft behauptet wird oder aufgrund des (ggf. streitigen) Sachverhalts möglich erscheint. Die Ermittlungskompetenz hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen des Grundlagenbescheids liegt allein bei dem für den Grundlagenbescheid zuständigen Finanzamt, dessen Entscheidung nur im Rahmen eines diesen Grundlagenbescheid betreffenden Rechtsbehelfsverfahrens überprüft werden kann (BFH, Beschl. v. 13.12.2011 – X B 127/11 Rn. 11 – BFH/NV 2012, 601).
II. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Zweifel rechtlicher oder tatsächlicher Natur sind. In beiden Fällen entspricht es dem materiell-rechtlichen Zweck des Feststellungsverfahrens und der dem § 179 AO zugrunde liegenden Kompetenzverteilung, eine inhaltlich identische Sachbehandlung gegenüber allen potentiell betroffenen Steuerpflichtigen sicherzustellen.
III. Ein Feststellungsverfahren kann wegen geringer Bedeutung gemäß § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO entbehrlich sein. Weist ein Fall rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten auf, so ist er nicht von geringer Bedeutung. Ein Fall von offensichtlich geringer Bedeutung i.S.d. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO kann gegeben sein, wenn z.B. eine Zurechnung von gemeinschaftlich erzielten originären Einkünften auf mehrere Personen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht kommt (BFH, Beschl. v. 24.06.2014 – III B 12/13 Rn. 10 – BFH/NV 2014, 1581).
IV. Es ist streitig und höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt, ob – und bejahendenfalls unter welchen Bedingungen – der Abschluss eines Gewinngemeinschaftsvertrages i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG eine Mitunternehmerschaft der Vertragsbeteiligten zu begründen vermag (bejahend z.B. Lechner, Die Gewinnpoolung im Ertragsteuerrecht, S. 263; dagegen z.B. Walter, BB 1995, 1876; Strobl, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1987/1988, 312; Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 180 AO Rn. 28 und 31; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 180 AO Rn. 276 und 283; Kunz in: Beermann/Gosch, AO, § 180 Rn. 27). Gewinnpools sind vertragliche Zusammenschlüsse mehrerer rechtlich selbstständig bleibender Unternehmer zum gemeinsamen Zweck der Gewinnpoolung und überschneiden sich teilweise mit der Interessengemeinschaft (zur Interessengemeinschaft, vgl. FG Saarbrücken, Urt. v. 17.10.2013 – 1 K 1244/09 – EFG 2014, 240, rkr.). Ob und wodurch sich die Interessengemeinschaft vom Pool unterscheidet, wird kontrovers diskutiert (Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rn. 283). Der Gewinnpool führt zu einer Zusammenrechnung und anschließenden Aufteilung bestimmter Erträge auf die beteiligten Unternehmer (RFH, Urt. v. 09.05.1934 – VI A 833/33 – RStBl 1934, 658; BFH, Urt. v. 09.10.1964 – VI 317/62 U – BStBl III 1965, 71, 72). Da lediglich schuldrechtliche Ansprüche auf bzw. eine schuldrechtliche Verpflichtung zum Gewinnausgleich entsteht, wird im Schrifttum überwiegend angenommen, dass keine durch mehrere Personen gemeinschaftlich erzielten Einkünfte i.S.d. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO vorliegen und mithin auch keine gesonderte und einheitliche Feststellung durchzuführen ist (so Brandis in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 180 AO Rn. 28 und 31; Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rn. 276 und 283; Kunz in: Beermann/Gosch, AO, § 180 Rn. 27; Frotscher in: Schwarz/Pahlke, § 180 AO Rn. 30).
V. Klageverfahren sind gemäß § 74 FGO regelmäßig wegen Vorgreiflichkeit auszusetzen, wenn dem Gericht wegen einer vorgreiflichen Rechtsfrage keine Entscheidungskompetenz zukommt. Dies ist der Fall, wenn die Klage gegen einen Folgebescheid gerichtet ist und Besteuerungsgrundlagen streitig sind, deren abschließende Prüfung dem Verfahren über einen noch ausstehenden Grundlagenbescheid vorbehalten ist. Das Finanzgericht hat ein die Steuerfestsetzung betreffendes Klageverfahren bereits dann zwingend nach § 74 FGO auszusetzen, wenn es möglich erscheint, dass ein positiver oder negativer Feststellungsbescheid zu erlassen ist (BFH, Beschl. v. 22.08.2013 – X B 16-17/13 Rn. 19 – BFH/NV 2013, 1763; Herbert/Gräber, FGO, 8. Aufl., § 74 Rn. 12 m.w.N.).
Soweit der BFH angenommen hat, eine Verfahrensaussetzung könne im Fall eines noch ausstehenden Grundlagenbescheids in Ausnahmefällen unterbleiben, hat er darauf abgestellt, dass kein Streit über die in dem Folgebescheid angesetzte Besteuerungsgrundlage besteht, z.B. weil das Finanzamt sie in der vom Kläger angegebenen Höhe angesetzt hat (vgl. BFH, Beschl. v. 03.08.2000 – III B 179/96 – BStBl II 2001, 33; BFH, Beschl. v. 13.12.2011 – X B 127/11 Rn. 10 – BFH/NV 2012, 601).

D. Auswirkungen für die Praxis

Sieht das Finanzgericht davon ab, das Klageverfahren gegen einen Körperschaftsteuerbescheid im Hinblick auf ein vorrangiges Feststellungsverfahren gemäß § 74 FGO auszusetzen, liegt darin nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes gegen die Grundordnung des Verfahrens. Dieser Fehler führt auch ohne Rüge im Revisionsverfahren zur Aufhebung des Urteils (vgl. BFH, Urt. v. 12.05.2016 – IV R 27/13 – BFH/NV 2015, 1559).