Leitsatz:

Eine vermögensverwaltend tätige Kapitalgesellschaft unterliegt vor ihrer Eintragung in das Handelsregister (sog. Vorgesellschaft) der Gewerbesteuer, wenn sie in dem Zeitraum zwischen Gründung und Handelsregistereintragung (vermögensverwaltende) Tätigkeiten entfaltet, die über den Kreis bloßer Vorbereitungshandlungen hinausgehen.

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. September 2015 10 K 2178/12 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

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Streitig ist der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht im Jahre 2010 (Streitjahr).

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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, die eigenes Vermögen (auch Immobilien) verwaltet, wurde mit notariellem Vertrag vom Dezember 2010 errichtet (Sachgründung) und am XX. Januar 2011 im Handelsregister eingetragen. Die beiden zu jeweils 50 % beteiligten Gesellschafter (AY und ZY) hatten ihre Geschäftsanteile an der M-GmbH, an der sie ebenfalls zu je 50 % beteiligt waren, im Wege des Anteilstauschs zu Buchwerten gemäß § 21 des Umwandlungssteuergesetzes eingebracht. In der Gesellschafterversammlung der M-GmbH vom 27. Dezember 2010 hat die Klägerin als Gesellschafterin eine Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt… € beschlossen. Nach Abzug der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags wurde der Klägerin am 28. Dezember 2010 auf einem Bankkonto ein Betrag in Höhe von … € gutgeschrieben.

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Die Ausschüttung wurde wie folgt verwendet: Aufgrund mündlicher Vereinbarungen vom 27. Dezember 2010 (jeweils schriftlich bestätigt am 25. März 2015) gewährte die Klägerin ihren Gesellschaftern Darlehen zur Immobilienfinanzierung (Umschuldung) von … € (Überweisung am 28. Dezember 2010). Darüber hinaus wurde aufgrund mündlicher Vereinbarung vom 20. Januar 2011 (ebenfalls schriftlich bestätigt am 25. März 2015) einer derselben Firmengruppe angehörenden Y GmbH & Co. KG ein Darlehen in Höhe von … € gewährt (Auszahlung am 20. Januar 2011). Nach den schriftlichen Verträgen vom 25. März 2015 werden die Gesellschafterdarlehen mit jeweils 2,75 % p.a. verzinst, das Darlehen an die Y GmbH & Co. KG mit 3,5 % p.a. Die Darlehen können von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Regelmäßige Tilgungsleistungen waren nicht bestimmt, lediglich Sondertilgungen konnten jederzeit geleistet werden. Im Jahr 2011 wurden weitere Gesellschafterdarlehen zur Finanzierung von Immobilien an AY in Höhe von … € und an ZY in Höhe von … € sowie an die Mutter der Gesellschafter in Höhe von … € gewährt. Der Stand der Gesellschafterdarlehen belief sich laut Bilanz zum 31. Dezember 2011 auf rund … € und zum 31. Dezember 2012 auf rund … €. Im Streitjahr fielen (abgesehen von der Zahlung von Kontoführungsgebühren und Notariatskosten) keine weiteren Geschäftstätigkeiten der Klägerin an.

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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) setzte für das Streitjahr einen Gewerbesteuermessbetrag unter Berücksichtigung der Gewinnausschüttungen fest. Das Finanzgericht (FG) hat die Festsetzung aufgehoben (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. September 2015 10 K 2178/12, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2016, 1184).

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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin ist im Verfahren nicht i.S. § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vertreten.

Gründe:

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Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin für das Streitjahr zu Unrecht verneint.

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1. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin (§ 2 Abs. 1 Satz 1, 2 und Abs. 2 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes -GewStG-) bestand bereits in dem Zeitpunkt, in dem sie die Gewinnausschüttung erzielte, und damit im Streitjahr.

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a) Obwohl eine GmbH „als solche“ erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht (§ 11 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -GmbHG-), unterliegt bereits die Vorgesellschaft, d.h. die Kapitalgesellschaft nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages, aber vor Eintragung (z.B. Senatsurteile vom 18. Juli 1990 I R 98/87, BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; vom 14. Oktober 1992 I R 17/92, BFHE 169, 343, BStBl II 1993, 352; Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 18. März 2010 IV R 88/06, BFHE 228, 519, BStBl II 2010, 991), der Gewerbesteuer, vorausgesetzt, dass die Registereintragung nachfolgt und die Vorgesellschaft eine nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen hat (so BFH-Urteil vom 8. April 1960 III 129/57 U, BFHE 71, 190, BStBl III 1960, 319; dem folgend Senatsurteile vom 16. Februar 1977 I R 244/74, BFHE 122, 130, BStBl II 1977, 561; in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; s.a. R 2.5 Abs. 2 Satz 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009 -GewStR-). Die nach außen tätig gewordene Vorgesellschaft bildet mit der später eingetragenen Kapitalgesellschaft einen einheitlichen Steuergegenstand (BFH-Urteil in BFHE 71, 190, BStBl III 1960, 319; Senatsurteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073; zustimmend z.B. Blümich/Drüen, § 2 GewStG Rz 241; Keß in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rz 3084; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 2 Rz 470; Behrens/Braun, Betriebs-Berater -BB- 2013, 926, 929; s.a. zur Körperschaftsteuer das Senatsurteil in BFHE 169, 343, BStBl II 1993, 352, und z.B. Martini, Der persönliche Körperschaftsteuertatbestand, 2016, S. 120 ff.).

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b) Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gilt als Gewerbebetrieb“stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften“. Da die sachliche Steuerpflicht der Klägerin als Kapitalgesellschaft (nach der Handelsregistereintragung) damit die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit umfasst, auch wenn die Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes) nicht vorliegen, muss dies mit Blick auf den einheitlichen Steuergegenstand auch für eine geschäftliche Tätigkeit der Vorgesellschaft gelten (allgemein auf „Geschäftshandlungen“ bzw. „Geschäftstätigkeit“abzielend auch Renner in Bergemann/Wingler, GewStG, § 2 Rz 183; Deloitte/Schumann, GewStG, § 2 Rz 323; Pohl in Hidien/Pohl/Schnitter, Gewerbesteuer, 15. Aufl., S. 416; wohl auch Behrens/Braun, BB 2013, 926, 929 [mit Verweis auf R 2.5 Abs. 2 Satz 3 GewStR]). Entgegen der Ansicht des FG müssen die Voraussetzungen einer „originär“ gewerblichen Tätigkeit nicht vorliegen. Soweit aus dem Senatsurteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073, nach dem eine Tätigkeit „als geschäftlich anzusehen ist, wenn der Steuerpflichtige ihr nachhaltig, mit Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nachgeht“, abgeleitet worden ist, dass eine Vorgesellschaft stets die Voraussetzungen einer originär gewerblichen Tätigkeit erfüllt, hält der Senat hieran nicht fest. Allerdings liegt eine die sachliche Steuerpflicht auslösende geschäftliche Tätigkeit nicht schon in solchen Tätigkeiten, die von der Vorgesellschaft entfaltet werden, um die in Gang gesetzte Gründung der juristischen Person abzuschließen. Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Gründung der Kapitalgesellschaft stehen, sind als Vorbereitungshandlungen anzusehen (s. insoweit die ebenfalls die Entscheidung tragende Überlegung im Senatsurteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073, dort zu Rz 29 des juris-Nachweises), die nach allgemeinen Grundsätzen für den gewerbesteuerrechtlichen Steuergegenstand (s. zuletzt -bezogen auf eine Personengesellschaft- BFH-Urteil vom 12. Mai 2016 IV R 1/13, BFHE 255, 65) noch nicht relevant sind, sondern vielmehr nur die steuerrelevante Tätigkeit ermöglichen (in diese Richtung ebenfalls Keß in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 2 Rz 3083; M. Frotscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 2 GewStG Rz 140; Pohl in Hidien/Pohl/Schnitter, a.a.O., S. 416). Insoweit hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 162, 107, BStBl II 1990, 1073 weder in der Einzahlung des Stammkapitals durch die Gründer auf ein für die dortige Klägerin eingerichtetes Bankkonto noch in der verzinslichen Anlage des Stammkapitals bis zu ihrer Eintragung ins Handelsregister eine (nachhaltige) geschäftliche Tätigkeit der Gesellschaft angenommen. Daran ist festzuhalten.

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c) Im Streitfall ging die Tätigkeit der Klägerin über diesen gründungsbezogenen Zusammenhang, der durch die Annahme und -entsprechend der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG)- die Sicherung bzw. wirtschaftliche Anlage der Gesellschaftereinlage gekennzeichnet ist, hinaus, so dass die Gewerbesteuerpflicht schon vor der Handelsregistereintragung eingesetzt hat.

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aa) Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin als Gesellschafterin der M-GmbH einen Ausschüttungsbeschluss gefasst und anschließend die hierdurch erlangten Mittel im Darlehenswege an ihre Gesellschafter und nahestehende Personen ausgereicht. Indem die Klägerin ihre durch Sachgründung erlangte Gesellschafterstellung bei der M-GmbH zum Zwecke der Ausschüttung und damit zur Liquiditätsverschaffung genutzt hat, hat sie -auch gegenüber Außenstehenden- eine ihrem Geschäftszweck (dem Halten und Verwalten eigenen Vermögens) entsprechende geschäftliche Tätigkeit aufgenommen (gl.A. Linkermann, EFG 2016, 1190, 1191). Der Ausschüttungsbeschluss überschreitet das Gründungsstadium der Klägerin und stellt sich auch nicht als einlagesichernde Maßnahme dar; er ist vielmehr Ausgangspunkt für die weitere satzungsmäßige Tätigkeit der Klägerin (Darlehensvergabe), mag sie sich auch tatsächlich auf Gesellschafter und nahestehende Personen beschränkt haben.

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bb) Entgegen der Ansicht des FG wird hierdurch der Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei einer rein vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaft nicht generell vorverlagert. Geboten ist allerdings die Unterscheidung, ob die vermögensverwaltenden Tätigkeiten durch die Gesellschaftsgründung veranlasst sind oder mit ihnen geschäftliche Tätigkeiten gegenüber Dritten aufgenommen wurden.

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2. Die Höhe der Festsetzung ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit, so dass weitere Ausführungen in diesem Zusammenhang nicht erforderlich sind.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.