Nachfolgend ein Beitrag vom 1.4.2016 von Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 6/2016 Anm. 3

Leitsatz

1. Eine gewerbliche Weitervermietung i.S.d. § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Zwischenmieter – nach dem Zweck des mit dem Eigentümer abgeschlossenen Vertrages – die Weitervermietung zu Wohnzwecken mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausüben soll (Bestätigung und Fortführung des Senatsurt. v. 03.07.1996 – VIII ZR 278/95 – BGHZ 133, 142, 148).
2. Hieran fehlt es, wenn der Eigentümer mit einer Mieter-Selbsthilfegenossenschaft einen Mietvertrag abschließt, der die Weitervermietung des Wohnraums an deren Mitglieder zu einer besonders günstigen Miete vorsieht. Bei einem derartigen Handeln des Zwischenmieters im Interesse der Endmieter kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einer der gewerblichen Weitervermietung vergleichbaren Interessenlage der Beteiligten fehlt.

A. Problemstellung

Dreipersonenverhältnisse machen Juristen bekanntlich immer Probleme. So ist es auch im Mietrecht. Wenn außer Vermieter und Mieter noch eine dritte Person an den Vertragsbeziehungen beteiligt ist, tauchen insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Mieterschutzes weitere Probleme auf. Das ist so bei der Untervermietung und vor allem der Räumungsvollstreckung, wenn sich noch weitere Personen in der Wohnung aufhalten.
Einen Sonderfall bildet die Zwischenvermietung, bei der der Mieter Räumlichkeiten anmietet, um nicht selbst darin zu wohnen, sondern um die Räumlichkeiten an Dritte zu vermieten. Dies kann aus den unterschiedlichsten Gründen passieren, z.B. weil der Mieter damit Geld verdienen will, aber auch weil er altruistische Gründe hat, wie z.B. beim Betrieb eines Frauenhauses. Auch Arbeitgeber mieten manchmal Räumlichkeiten für Ihre Mitarbeiter an, z.B. im Fremdenverkehr, aber auch in der Baubranche. Der Gesetzgeber hat durch das 4. Mietrechtsänderungsgesetz 1993 für einen Teil dieser Zwischenmietverhältnisse eine Regelung geschaffen, die er 2001 auch nach der Mietrechtsreform in § 565 BGB übernommen hat.
Der BGH musste sich mit dem Anwendungsbereich und der Möglichkeit einer analogen Anwendung beschäftigen. § 565 BGB erfasst vom Wortlaut her die sog. gewerbliche Zwischenvermietung. Diese lag im Fall des BGH gerade nicht vor.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Eine Mietergenossenschaft hatte ein ganzes Haus für 20 Jahre angemietet, um es nach umfangreicher Sanierung an ihre Mitglieder zu vermieten. Nach Ablauf des Nutzungsvertrages sollte die Genossenschaft berechtigt sein, die bisherigen Nutzer als Mieter für die jeweils eigengenutzte Wohnung zu benennen. Dabei sollte die Eigentümerin verpflichtet sein, mit diesen Nutzern Mietverträge nach üblichem Standardformular unter Vereinbarung der ortsüblichen Vergleichsmiete abzuschließen. Nach Ablauf der Nutzungszeit wollten die Nutzer sich an diese Vereinbarung nicht mehr halten. Sie waren der Auffassung, dass sie nach § 565 BGB in den Nutzungsvertrag mit der Genossenschaft eingetreten wären.
Dies hat der VIII. Zivilsenat des BGH anders gesehen und das Bestehen eines Mietvertrages zu den Bedingungen des ursprünglichen Nutzungsvertrages mit der Mietergenossenschaft mit den einzelnen Nutzern zu Recht verneint.
§ 565 Abs. 1 Satz 1 BGB regelt den Fall, dass der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten soll. Nur in diesem Fall tritt der Vermieter bei Beendigung des (Haupt-)Mietvertrages in den zwischen dem Mieter und dem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag ein. Eine gewerbliche Weitervermietung im Sinne dieser Vorschrift hat der BGH hier verneint. Diese setzt eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenmieters voraus. Gerade an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt es hier. Auf das Merkmal könne auch nicht verzichtet werden, wie der Senat unter Rückgriff auf die Gründe, warum die Vorschrift damals eingeführt wurde, darlegt. Der Mieter sollte geschützt werden, wenn diese Form der Vertragsgestaltung im Interesse des Vermieters gewählt wurde. Im Gegensatz dazu besteht eine grundlegend andere Interessenlage, wenn der Zwischenmieter mit der Weitervermietung gemeinnützige, karitative oder ähnliche Zwecke verfolgt und die Zwischenvermietung deshalb vor allem in seinem und insbesondere des Endmieters Interesse liegt. In diesem Fall dient die Zwischenvermietung gerade nicht dazu, die Wohnung auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt zu üblichen Bedingungen anzubieten, und besteht ein gewichtiges Interesse des Eigentümers, die Wohnung nach Beendigung des Hauptmietvertrages zurückzuerhalten.
Der Senat lehnt auch eine analoge Anwendung des § 565 BGB auf den vorliegenden Fall ab. Eine solche könne nur bei einer der gewerblichen Weitervermietung entsprechenden Interessenlage der Beteiligten (insbesondere Eigentümer und Endmieter) in Betracht gezogen werden. Eine solche vergleichbare Interessenlage sei regelmäßig nicht gegeben, wenn es sich bei dem Zwischenmieter um einen gemeinnützigen Verein handelt, der in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Aufgaben an von ihm betreute Personen und Mitarbeiter weitervermietet. Für die hier vorliegende Konstellation, dass es sich bei dem Zwischenmieter um eine Selbsthilfegenossenschaft handelt, in der sich die Endmieter zusammengeschlossen haben, gelte nichts anderes, denn auch sie unterscheide sich hinsichtlich der Interessenlage grundlegend von der gewerblichen Zwischenvermietung. Letztere wird immer aus Interessen des Vermieters gewählt. Eine Selbsthilfegenossenschaft mietet aber ausschließlich im Interesse der Mieter. Nur wenn die Vertragsgestaltung gewählt wird, um Vermieterinteressen zu entsprechen, verlangt das soziale Mietrecht den Mieter besonders zu schützen. Wenn die Vertragsgestaltung aber bereits gewählt wurde, um die Interessen der Mieter zu befriedigen, dann müsse nicht – zusätzlich – auch noch der Gesetzgeber den Mieter schützen. Hier haben die Parteien sogar eine Regelung für den Fall der Beendigung des Nutzungsvertrages getroffen. Danach sollte der Wohnraum den bisherigen Nutzern erhalten bleiben. Es fehlt neben der Vergleichbarkeit der Fälle also auch eine Regelungslücke.

C. Kontext der Entscheidung

Man muss sich bei der Beurteilung des Anwendungsbereichs des heutigen § 565 BGB vergegenwärtigen, was der Gesetzgeber eigentlich damals regeln wollte. Nach der Entscheidung des BGH (Urt. v. 22.05.1989 – VIII ZR 192/88 – NJW 1989, 2053, Anm. Sternel, ZAP Fach 4 R, 3) sollte die Vorgängervorschrift des heutigen § 566 BGB auf den Wechsel des Hauptmieters nicht entsprechend anwendbar sein. Außerdem hatte das BVerfG (Beschl. v. 11.06.1991 – 1 BvR 538/90 – NJW 1991, 2272, Anm. Börstinghaus, ZAP Fach 4 R, 35; Schüren, JZ 1992, 79) entschieden, dass es gegen Art. 3 GG verstößt, einem Mieter, der Wohnraum von einem gewerblichen Zwischenvermieter und nicht unmittelbar vom Eigentümer gemietet hat, den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zu versagen (so auch BGH, Rechtsentscheid v. 20.03.1991 – VIII ARZ 6/90 – NJW 1991, 1815, Anm. Börstinghaus, ZAP Fach 4 R, 25; Matthies, JR 1992, 105). Insbesondere die Mieter von Wohnungen, die allein aus steuerlichen Gründen im Bauherrenmodell errichtet worden waren, hatten aufgrund dieser Rechtsprechung auch gegenüber dem Wohnungseigentümer den gleichen Kündigungsschutz erlangt, der grundsätzlich allen Wohnungsmietern zusteht. Da damit aber noch nicht alle rechtlichen Probleme gelöst waren – insbesondere bestanden zwischen Eigentümer und Nutzer der Wohnung keine mietrechtlichen Beziehungen –, hatte der Bundesrat vorgeschlagen, gesetzlich eine entsprechende Analogie des § 566 BGB heutige Fassung anzuordnen. Schließlich konnte erst im Vermittlungsverfahren eine Einigung auf die heute noch geltende Gesetzesfassung erzielt werden. Dies bedeutet vereinfacht: Für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses zwischen dem Eigentümer und dem gewerblichen Zwischenvermieter hat der Vermieter die Möglichkeit, einen neuen gewerblichen Zwischenvermieter einzuschalten, der dann in die Rechte und Pflichten aus dem bisherigen Mietverhältnis eintritt. Im Falle einer ersatzlosen Beendigung des Hauptmietvertrages soll der Vermieter selbst in die Position des bisherigen Zwischenvermieters aus dem Untermietvertrag einrücken. Diese Regelung orientiert sich am Modell des § 566 BGB, was sich im Übrigen auch aus der Verweisung auf die §§ 566 bis 566e BGB ergibt.
Es ging also um die vom BVerfG und vom BGH damals zu entscheidenden Fallgestaltungen. In ihnen ging es wiederum um die Erhaltung des Mieterschutzes und die Verhinderung von Umgehungen. Mit all dieser Problematik hatte die vorliegende Fallgestaltung nichts zu tun. Deshalb ist § 565 BGB weder direkt noch analog anwendbar.

D. Auswirkungen für die Praxis

Damit ist klargestellt, dass der Anwendungsbereich des § 565 BGB tatsächlich auf den kleinen Bereich der gewerblichen Zwischenvermietung beschränkt ist. Dies erfordert auf Seiten des Hauptmieters Gewinnerzielungsabsicht. Wenn diese nicht vorliegt oder die gewählte Fallgestaltung im Interesse der Mieter gewählt wurde, liegt eine nicht vom Schutzbereich des § 565 BGB erfasste Untervermietung vor. Dem Eigentümer/Vermieter steht dann bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses gegen den Nutzer/Untermieter ein Räumungsanspruch nach § 546 Abs. 2 BGB zu. Jedoch kann hier u.U. die Bewilligung einer Räumungsfrist in Betracht kommen (LG Lübeck, Urt. v. 12.02.1993 – 6 S 244/92 – WuM 1996, 717; KG Berlin, Urt. v. 17.12.2012 – 8 U 246/11 – Grundeigentum 2013, 618).