Nachfolgend ein Beitrag vom 05.09.2016 von Steinhauff, jurisPR-SteuerR 36/2016 Anm. 1

Orientierungssätze

1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelung, die dem Steuerpflichtigen ein Recht auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten einräumt. Dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter steht aber ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zu.
2. Daraus, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsehen, ist abzuleiten, dass die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Das ist bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, weil die jeweilige Ermächtigungsvorschrift die gesetzlichen Grenzen des Ermessens normiert.
3. In einem umfassenden steuerlichen Prüfungsverfahren liegt es auf der Hand, dass davon auch die steuerlichen Verhältnisse Dritter – und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis – betroffen sind.

A. Problemstellung

Das FG München folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach die Abgabenordnung im Besteuerungsverfahren dem Steuerpflichtigen bzw. seinem Vertreter keinen Anspruch auf Akteneinsicht eröffnet. Der Steuerpflichtige hat insoweit lediglich einen Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin ist in der Verlagswerbung tätig. Dabei bedient sie sich verschiedener Vermittlungsunternehmen. Die daraus entstehenden Abonnements werden zu Verwaltungszwecken an die D.-KG weitergereicht, welche die anfallenden Verwaltungsaufgaben erledigt. Die umsatzsteuerliche Sachbehandlung der Abrechnung zwischen der KG und der Klägerin basierte auf einer verbindlichen Zusage des Finanzamts K., die aber vom beklagten Finanzamt als steuerlich zweifelhaft erachtet und insoweit einer Prüfung unterzogen wurde. Da die Klägerin im Rahmen ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldungen Vorsteuererstattungsansprüche geltend machte, wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung veranlasst. Wegen der fehlenden Zustimmung des Finanzamts zu mehreren von der Klägerin im Rahmen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen errechneten Vorsteuererstattungsansprüchen beantragte die Klägerin am 03.05.2012 Akteneinsicht. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass eine Akteneinsicht während einer laufenden Prüfung nicht vorgesehen sei und im Übrigen auch kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran vorliege. Zudem stünde einer Akteneinsicht das schutzwürdige Interesse Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegen. Dagegen richtete sich der Einspruch vom 26.07.2012. Diesen wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 06.02.2013 Klage.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2013 legte das Finanzamt dem Gericht einen Ordner „Rechtsbehelfsakte“, eine Umsatzsteuerakte und eine Akte „Dauerunterlagen“ vor. In diese Unterlagen nahm der Vertreter der Klägerin am 23.04.2013 beim Amtsgericht H. Akteneinsicht. Die Klägerin äußerte gegenüber dem Gericht Zweifel an der Vollständigkeit der vorgelegten Akten.
Am 11.09.2013 wurde dem Geschäftsführer der Klägerin die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben. Mit Schriftsatz vom 23.10.2014 übersandte das Finanzamt eine weitere Akte mit den Berichten vom 14.10.2014 über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung und vom 09.07.2014 über eine Steuerfahndungsprüfung.
Mit Schreiben vom 02.09.2015 fragte das Finanzgericht bei der Klägerin an, ob das Verfahren in Anbetracht der möglichen Akteneinsicht im Strafverfahren fortgeführt werden solle. Die Klägerin teilte mit, dass der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt werden könne, weil die Akten auch im Strafverfahren nicht vollständig vorgelegt worden seien. Sie beantragte beim Finanzgericht erneut Akteneinsicht.
Das Finanzgericht hat die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt habe der Klägerin die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei versagt.
Der Anspruch des „Einsichtsuchenden“ auf fehlerfreie Ermessensentscheidung sei gewahrt, wenn das Finanzamt im Rahmen einer Interessenabwägung dessen Belange und die der Behörde gegeneinander abgewogen habe (vgl. BFH, Beschl. v. 08.06.1995 – IX B 168/94 – BFH/NV 1996, 64, 65; BFH, Urt. v. 07.05.1985 – VII R 25/82 – BStBl II 1985, 571). Eine Überprüfung der Ermessensentscheidung durch das Gericht sei dabei nur möglich, wenn die Finanzbehörde den zu beurteilenden Sachverhalt umfassend ermittelt und die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt habe.
Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Dies setze voraus, dass durch die Sachlage des Einzelfalls die Ermessensgrenzen so eingeengt seien, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich sei, während jede andere notwendig zu einem Ermessensfehler führen müsste (vgl. Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 5 AO Rn. 76, m.w.N.). Eine solche Bindung des Ermessens des Finanzamts liege hier nicht vor.
Die Finanzbehörde habe ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO). Bezogen auf den Inhalt des „Ermessens“ bei der Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren sei zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine solche im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsähen. Das Finanzamt sei lediglich nicht daran gehindert, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH, Beschl. v. 04.06.2003 – VII B 138/01 – BStBl II 2003, 790 Rn. 6, m.w.N.). Daraus sei abzuleiten, dass eine Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage komme. Das sei bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, denn die jeweilige „Ermächtigungsvorschrift“ normiere die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 5 AO Rn. 35).
Das Finanzamt habe in seinem ablehnenden Bescheid darauf verwiesen, dass die im Verwaltungsverfahren angekündigte Prüfung von Amtshaftungsansprüchen kein berechtigtes Interesse zur Einsicht begründe, dass die laufenden Prüfungshandlungen durch eine Akteneinsicht behindert würden und dass zudem wegen der schutzwürdigen Interessen Dritter das Steuergeheimnis einer Einsicht entgegenstehe. Die Klägerin sei wegen des umfangreichen Schriftverkehrs mit dem Finanzamt über die wesentlichen Schritte des Finanzamts und die entscheidungserheblichen Sachverhalte fortlaufend informiert worden. So sei es der Klägerin insbesondere bekannt gewesen, dass die Auszahlung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen einzelner Subunternehmer deshalb nicht erfolgte sei, weil Zweifel daran bestünden, dass es sich bei diesen Rechtssubjekten um tatsächlich existierende Unternehmen handeln würde. Auch sei der Steuerpflichtige in einem laufenden Prüfungsverfahren nicht über jeden einzelnen Ermittlungsschritt zu unterrichten, weil dies dem Interesse der Geheimhaltung gewisser Informationen widerspreche. Bei der gebotenen Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien müssten vorliegend auch die schutzwürdigen Interessen Dritter berücksichtigt werden. Denn die Unterlagen des Finanzamts enthielten in nicht unerheblichem Umfang Daten, deren Offenlegung durch das Steuergeheimnis geschützt sei. Die Akteneinsicht sei zudem abzulehnen, weil die Klägerin auf diese Weise Einsicht in interne Vermerke und Aufzeichnungen erhalte und zudem die Motive des Verwaltungshandelns herausfinde.
Die Gründlichkeit und Ausführlichkeit, mit der sich das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung vom 14.01.2013 mit dem Rechtsvortrag der Klägerseite auseinandergesetzt habe, lasse deutlich erkennen, dass es sorgfältig und ermessensfehlerfrei das Pro und Kontra hinsichtlich der begehrten Akteneinsicht abgewogen habe (vgl. FG Kassel, Urt. v. 19.03.2001 – 2 K 5327/99 Rn. 42; NZB erfolglos, BFH, Beschl. v. 28.05.2003 – VII B 119/01 – DStRE 2004, 112). Das Finanzamt habe auch den zu beurteilenden Sachverhalt ausreichend ermittelt und die für seine Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob es seine Ermessenserwägungen auch darauf habe stützen dürfen, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Haftungsansprüche gegen ein Bundesland oder einen Mitarbeiter keine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren rechtfertige, weil es sich hierbei um außersteuerliche Gründe handele. Denn die weiteren Ermessenserwägungen des Finanzamts trügen seine Entscheidung. Es liege auf der Hand, dass in einem umfassenden Prüfungsverfahren – in dem wie vorliegend wegen der Gewährung des Vorsteuerabzugs die „Lieferanten“ eines Steuerpflichtigen in eine Prüfung einzubeziehen seien – die steuerlichen Verhältnisse Dritter – und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis – betroffen seien. Allein schon aus diesem Grund habe das Finanzamt eine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei verweigern dürfen.
Auch das weitere Argument der Verzögerung und der Behinderung einer laufenden Prüfung sei eine zutreffende Ermessenserwägung des Finanzamts zur Verweigerung der Akteneinsicht in diesem Verfahrensstadium. Schon zur Wahrung des Steuergeheimnisses Dritter hätte das Finanzamt hier sämtliche Akten im Vorfeld sichten und eventuell aussortieren oder schwärzen müssen, was zweifellos einen erheblichen Aufwand erfordert hätte. Insoweit sei ergänzend zu berücksichtigen, dass das Besteuerungsverfahren ein Massenverfahren sei, in dem die Akteneinsicht während des laufenden Verwaltungsverfahrens auch aus Gründen der Verfahrensökonomie (Verwaltungsaufwand) grundsätzlich nicht vorgesehen sei (vgl. dazu Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rn. 25, m. Nachw. auf die Gesetzesmaterialien). Der Steuerpflichtige werde dadurch aber nicht rechtlos gestellt, denn die Besteuerungsgrundlagen würden für ihn immer erst in einem nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erstellten Steuerbescheid festgestellt, gegen den er mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 147 AO vorgehen könne. Im Verfahren einer Außenprüfung – wie im Streitfall – sei zudem vor dem Erlass von Änderungsbescheiden gemäß § 201 Abs. 1 AO eine Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung abzuhalten.
Einwendungen gegen die Vollständigkeit der Akten im finanzgerichtlichen Verfahren beträfen einen anderen Verfahrensabschnitt. Im Klageverfahren gehe es aber ausschließlich um die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung.

C. Kontext der Entscheidung

I. Die AO enthält – anders als andere Verfahrensordnungen, z.B. § 29 VwVfG oder für das finanzgerichtliche Verfahren § 78 Abs. 1 FGO – weder für das reguläre Besteuerungsverfahren noch für die Fälle der Außenprüfung eine Regelung eines Anspruchs auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten. Dagegen bestehen weder verfassungsrechtliche Bedenken noch wird europäisches Gemeinschaftsrecht verletzt (Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 91 AO Rn. 124, m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH leitet sich ein derartiges Recht weder aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 91 Abs. 1 AO) noch aus § 364 AO (dazu Loschelder, AO-StB 2003, 126) ab.
II. Allerdings räumt der BFH – ebenso wie die Finanzverwaltung (AEAO zu § 91 AO Nr. 4 und das dort in Bezug genommene BMF-Schreiben v. 17.12.2008 (BStBl I 2009, 6)) – (nur) während eines Verwaltungsverfahrens dem um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder dessen Vertreter einen Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung durch die Finanzbehörde ein, weil die Behörde nicht gehindert sei, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (st. Rspr., BFH, Urt. v. 23.02.2010 – VII R 19/09 – BStBl II 2010, 729; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 25/2010 Anm. 1; ferner BVerfG, Beschl. v. 10.03.2008 – 1 BvR 2388/03 – BVerfGE 120, 351 = HFR 2008, 623; FG München, Urt. v. 08.07.2015 – 4 K 2738/14 – EFG 2015, 1886, m. Anm. Hennigfeld).
Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG (BFH, Urt. v. 05.10.2006 – VII R 24/03 – BStBl II 2007, 243 Rn. 9, dazu P. Fischer, jurisPR-SteuerR 6/2007 Anm. 1; BFH, Urt. v. 19.03.2013 – II R 17/11 – BStBl II 2013, 639 Rn. 11; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 29/2013 Anm. 1; Steinhauff, jurisPR-SteuerR 18/2015 Anm. 5, unter C.IV., m.w.N.).
III. Die Gerichte dürfen behördliche Ermessensentscheidungen über die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 102 Satz 1 FGO nur daraufhin überprüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, die Grenzen ihres Ermessens überschritten oder dieses Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise ausgeübt hat. Hingegen dürfen sie eigene Ermessenserwägungen nicht anstellen (vgl. BFH, Urt. v. 06.11.2012 – VII R 72/11 – BStBl II 2013, 141; Anm. Schuster, jurisPR-SteuerR 14/2013 Anm. 2).
IV. Die Beteiligten haben im finanzgerichtlichen Verfahren (nur) Anspruch auf Einsicht in die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten. Um solche Akten handelt es sich, wenn sie von der aktenführenden Behörde dem Finanzgericht vorgelegt worden sind, weil sie nach deren Ansicht den Streitfall betreffen oder weil sie von dem Gericht beigezogen worden sind. Hingegen besteht kein Anspruch auf Einsicht in die dem Gericht tatsächlich nicht vorliegenden Akten. Ebenso wenig besteht ein Anspruch darauf, dass sich das Gericht zum Zwecke der Gewährung von Akteneinsicht Akten vorlegen lässt, die es aus seiner Sicht für seine Entscheidungsfindung nicht benötigt (BFH, Beschl. v. 22.01.2008 – VIII B 92/07 Rn. 18-21, m.w.N.; BFH, Beschl. v. 25.10.2012 – X B 22/12 – BFH/NV 2013, 226, wonach allerdings bei einer fehlerhaften Nichtbeiziehung der Akten eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Finanzgericht vorliegen kann; BFH, Beschl. v. 16.07.2012 – IX B 67/12 – BFH/NV 2012, 1637).
Das Finanzamt war im Übrigen nicht verpflichtet, dem Gericht Akten oder Aktenteile zu übermitteln, um deren Einsichtnahme im finanzgerichtlichen Verfahren gestritten wurde (vgl. BFH, Beschl. v. 03.06.2015 – VII S 11/15 – BFH/NV 2015, 1100).

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Das Finanzgericht hat dahingestellt gelassen, ob das Finanzamt seine Ermessenserwägungen auch darauf habe stützen dürfen, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Haftungsansprüche gegen ein Bundesland oder einen Mitarbeiter keine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren rechtfertige, weil es sich hierbei um außersteuerliche Gründe handele. Dieser in Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 17.12.2008 (BStBl I 2009, 6, auf die AEAO zu § 91 Nr. 4 Bezug nimmt) genannte „Ausschlussgrund“ könnte allerdings deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen, weil sich der Staat damit generell unter Berufung auf ein Ausforschungsverbot berechtigten zivilrechtlichen Ansprüchen entziehen könnte (vgl. dazu ausführlich Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rn. 27, m.w.N.), weil es nach Ansicht des Finanzgerichts letztlich darauf nicht ankomme und die von Finanzamt vorgenommenen weiteren Ermessenserwägungen jedenfalls seine Entscheidung trügen. Indes sind die einzelnen Ermessenserwägungen jeweils für sich und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Sind einzelne Ermessenserwägungen rechtswidrig, so kann dies durchaus Anlass geben, insgesamt die Ermessensentscheidung infrage zu stellen.
II. Die Begründung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 7/4292, S. 24 ff., dazu Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rn. 25) wird z.B. in Österreich nicht geteilt (vgl. z.B. § 90 österreichische BAO, Text bei Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 AO Rn. 26).