Die Europäische Kommission hat am 10.05.2012 vorgeschlagen, die MwSt-Vorschriften der EU zu aktualisieren, um sicherzustellen, dass alle Arten von Gutscheinen in allen Mitgliedstaaten steuerlich gleich behandelt werden. Mit Gutscheinen werden in der EU jährlich mehr als 52 Milliarden Euro umgesetzt. Vorbezahlte Telekommunikationsdienste machen fast 70 % dieses Marktes aus, dann folgen Geschenkgutscheine und Rabattgutscheine. Aufgrund der Unterschiede zwischen den nationalen MwSt-Vorschriften ist der Markt jedoch sehr ineffizient. Anstatt aus dem Binnenmarkt wirklichen Nutzen zu ziehen, sehen sich Unternehmen mit Doppelbesteuerung und Schwierigkeiten konfrontiert, wenn sie ihre Tätigkeiten grenzüberschreitend ausweiten. Mit den neuen Vorschriften soll hier Abhilfe geschaffen werden.

Algirdas Semeta, Kommissar für Steuern und Zollunion, Audit und Betrugsbekämpfung, erklärte: „Gutscheine sind in Europa ein blühender Geschäftszweig, und jede Woche werden Millionen davon ge- und verkauft. Es ist durch nichts zu rechtfertigen, dass dieser expandierende Markt durch steuerbedingte Unsicherheit und Komplikationen in seinem Wachstum gehemmt wird. Mit den heute vorgeschlagenen MwSt-Vorschriften errichten wir einen echten Binnenmarkt für Gutscheine zum Nutzen von Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern und Steuerverwaltungen.“

Mit der vorgeschlagenen Neuregelung werden die einzelnen Kategorien von Gutscheinen und ihre mehrwertsteuerliche Behandlung klar bestimmt. Damit sollen Umsätze mit Gutscheinen einer europaweit einheitlichen Behandlung unterliegen. Der Vorschlag enthält eine Definition des Begriffs „Gutschein“ für MwSt-Zwecke und legt fest, wann bei Gutscheinen die Steuer fällig wird (d. h. beim Verkauf oder bei der Einlösung). Zudem enthält der Vorschlag Vorschriften für Gutscheine, die Absatzketten durchlaufen, und für allgemeine Zahlungsmittel. Die neuen Vorschriften sollen am 1. Januar 2015 in Kraft treten.

Hintergrund

Derzeit gibt es keine MwSt-Vorschriften der EU für die Behandlung von Umsätzen mit Gutscheinen. Die Mitgliedstaaten haben daher in diesem Bereich eigene Verfahren entwickelt. Diese sind nicht aufeinander abgestimmt und verursachen Probleme für Unternehmen und bei der Steuererhebung. Wenn ein Gutschein in einem Mitgliedstaat ausgestellt und in einem anderen verwendet wird, ist nicht immer klar, an welchem Ort der mit dem Gutschein bewirkte Umsatz zu besteuern ist. Dies gilt zum Beispiel für international tätige Hotelunternehmen, die mit Gutscheinen für Unterkünfte in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten werben.

Mit dem Vorschlag vom 10.05.2012 sollen die EU-Vorschriften für die MwSt-Behandlung von Gutscheinen präzisiert und harmonisiert werden. Dies ist für Unternehmen insofern vorteilhaft, als Doppelbesteuerung und Unsicherheit in Bezug auf Steuerpflichten beseitigt werden. Zudem trägt der Vorschlag dazu bei, Steuerschlupflöcher zu schließen und jenen Unternehmen, die aus den Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten Nutzen ziehen wollen, die Steuervermeidung zu erschweren. Die neuen Vorschriften fügen sich überdies in die umfassende Strategie der Digitalen Agenda Europa ein, insbesondere in Bezug auf das Ziel der Errichtung eines digitalen Binnenmarktes.

Die Kommission schlägt zum einen vor, die Definition des Begriffs „Gutschein“ für MwSt-Zwecke und den Ort der Besteuerung für Umsätze mit Gutscheinen zu harmonisieren, um damit Diskrepanzen zu beseitigen, die zur Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung führen. Der Zeitpunkt der Besteuerung wird durch die Art des Gutscheins bestimmt, so dass klar ist, ob die Steuer entsteht, wenn der Gutschein ausgestellt wird oder wenn er gegen Waren oder Dienstleistungen eingelöst wird.

Zum anderen wird mit den neuen Vorschriften eine klare Trennlinie zwischen Gutscheinen und anderen Zahlungsmitteln gezogen. Aufgrund der steigenden Zahl von Mobilgeräten ist eine Unterscheidung zwischen vorbezahlten Telekommunikationsdiensten (hier handelt es sich um Gutscheine) und mobilen Zahlungsdiensten (die anders besteuert werden) erforderlich. Angesichts der Änderungen in der Zahlungstechnologie, insbesondere der zunehmenden Nutzung mobiler Zahlungsmöglichkeiten, darf es keine Interpretationsspielräume mehr geben.

Des Weiteren enthält die Richtlinie gemeinsame Vorschriften für Reihengeschäfte im Vertrieb von Gutscheinen, insbesondere wenn sie zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffen. Eine Telefonkarte beispielsweise kann ihren Besitzer in einer Vertriebskette mehrmals wechseln, bevor sie den Endverbraucher erreicht, und die betreffenden Unternehmen benötigen in Bezug auf ihre Steuerpflichten Sicherheit.

Ferner enthält der Vorschlag einige technische Regelungen für Vorsteuerabzugsrecht, Einlösungs- und Erstattungsverfahren, Steuerpflichtigkeit und verschiedene Unternehmenspflichten.

Mit dem Vorschlag wird eine Folgenabschätzung vorgelegt. Dieser zufolge kann den derzeitigen Problemen nur abgeholfen werden, wenn die neuen Vorschriften für Gutscheine in die MwSt-Richtlinie aufgenommen werden.

Die MwSt-Richtlinie der EU und die Folgenabschätzung finden Sie auf den Seiten der EU-Kommission.