Nachfolgend ein Beitrag vom 5.3.2018 von Schießl, jurisPR-SteuerR 9/2018 Anm. 3

Leitsätze

1. Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
2. Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst.
3. Für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten kommt es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an.

A. Problemstellung

Die Entscheidung betrifft die in der Praxis bedeutsame Frage, ob die Aufteilung der einheitlichen Vergütung für die Dauertestamentsvollstreckung auf die verschiedenen Einkunftsarten durch die historische Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls oder periodengerecht durch die Zusammensetzung im jeweiligen Veranlagungszeitraum vorgegeben ist.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin ist Alleinerbin ihrer im Juni 2002 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser und umfangreiches Kapitalvermögen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5% vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. Euro. Davon entfielen 19,33% auf den Grundbesitz und 80,67% auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen.
Die Klägerin und ihr Ehemann (Kläger) machten die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) geltend und teilten sie zunächst (bis 2008) nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf. So verfuhren sie auch im Streitjahr 2009. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2010 und 2011 machten die Kläger 90% der Aufwendungen für die Testamentsvollstreckung bei den Einkünften aus VuV geltend (jeweils 45% bei den beiden Objekten).
Das Finanzamt veranlagte die Kläger im Streitjahr 2009 erklärungsgemäß. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung von 90% der Aufwendungen bei den Einkünften aus VuV. 90% der vom Testamentsvollstrecker aufgewandten Zeit entfielen auf die Verwaltung der Mehrfamilienhäuser. In den Streitjahren 2010 und 2011 wich das Finanzamt von der Erklärung insofern ab, als es die Gebühren für die Testamentsvollstreckung nach dem ursprünglichen Schlüssel verteilte und bei den Einkünften aus VuV lediglich 19,33% berücksichtigte. Dagegen legten die Kläger Einsprüche ein.
Mit Teileinspruchsentscheidung vom 14.07.2014 wies das Finanzamt alle drei Einsprüche als unbegründet zurück vorbehaltlich der Verfassungsmäßigkeit von § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Die Vergütung für die Testamentsvollstreckung führe zu Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV sowie aus Kapitalvermögen. Sie sei deshalb aufzuteilen. Der Höhe nach richte sie sich nach dem Wert des Bruttonachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Maßgeblich seien deshalb die damaligen Wertverhältnisse. Weder komme es auf den Zeitaufwand noch auf die Entwicklung der Nachlasswerte an.
Das FG Stuttgart (Urt. v. 14.12.2015 – 10 K 2700/14) hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Aufwendungen, die mit mehreren Einkunftsarten in Zusammenhang stünden, seien „nach der Veranlassung der Aufwendungen“ zuzuordnen. Bei Anwendung dieses Grundsatzes entfielen 19,33% der Vergütung für die Testamentsvollstreckung auf die Vermietungseinkünfte, denn die Vergütung des Testamentsvollstreckers richte sich allein nach dem Wert des Nachlasses und den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls.
Der BFH sah die eingelegte Revision als begründet an, hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Er führt im Wesentlichen aus, das Finanzgericht habe die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung zu Unrecht nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls aufgeteilt und eine davon abweichende Aufteilung abgelehnt. Der BFH führte im Einzelnen aus:
I. Ohne Rechtsfehler sei das Finanzgericht davon ausgegangen, dass die Vergütung für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung (§ 2209 BGB) zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den aus dem Nachlass erzielten steuerbaren Einkünften führen könne. Dies gelte auch für die Veranlassung der Vergütung durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch insofern führten die Gebühren für eine Dauertestamentsvollstreckung zu Werbungskosten, die allerdings seit dem Jahr 2009 nicht mehr abgezogen werden dürften (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG). Davon sei das Finanzgericht ebenfalls zu Recht ausgegangen.
Die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung sei in erster Linie veranlasst durch die Höhe des Verwaltungsvermögens, denn danach richte sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. Ohne Erfolg begehre die Revision dagegen eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob eine Vergütung nach Zeitaufwand der gesetzlichen Regelung entsprechen würde, denn jedenfalls werde der gesetzliche Anspruch im Streitfall durch die testamentarische Anordnung verdrängt, wonach der Verwalter eine Vergütung in Höhe von 1,5% des Bruttonachlasses verlangen könne. Eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte sei danach ebenfalls ausgeschlossen.
II. Die Revision habe aber aus anderen Gründen Erfolg. Nicht folgen könne der Senat dem Finanzgericht in der Annahme, dass die Aufteilung der einheitlichen Vergütung auf die einzelnen Einkunftsarten vorgegeben sei durch die historische Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Zwar verstünden die Klägerin und der Testamentsvollstrecker die testamentarische Anordnung übereinstimmend so, dass der Anspruch des Testamentsvollstreckers für alle Jahre der Höhe nach begrenzt sei auf den Wert des gesamten Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, so dass der Testamentsvollstrecker von einer positiven Entwicklung des Nachlassvermögens nicht profitieren könne. Daraus lasse sich indes nicht ableiten, wie die einheitliche Vergütung auf verschiedene Einkunftsarten aufzuteilen sei.
Der maßgebliche Veranlassungszusammenhang sei nicht statisch zu verstehen. Zu berücksichtigen sei vielmehr die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. Insofern präge auch die tatsächlich vom Testamentsvollstrecker entfaltete Tätigkeit den Veranlassungszusammenhang. Es bedürfe keiner Entscheidung, ob stets auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder auf seine über den Veranlagungszeitraum gewichtete Zusammensetzung abzustellen sei. Dies hänge von den Umständen im Einzelfall ab, insbesondere davon, wie häufig und in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Nachlasses geändert habe. Über die Zusammensetzung des Nachlasses könne die Klägerin dem Finanzamt Auskunft erteilen. Für den Fall, dass sie nicht über die dazu nötigen Informationen verfüge, stünden ihr gegen den Testamentsvollstrecker entsprechende Informationsansprüche zu. Im Hinblick darauf sei eine Schätzung untunlich. Abzustellen sei auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens. Soweit diese Werte im Einzelfall nicht sicher genug ermittelt werden könnten, seien (nur) sie zu schätzen (§ 162 AO).
Die Gegenansicht widerspreche nicht nur dem Abschnittsprinzip (§§ 2 Abs. 7, 25 Abs. 1 EStG), sie könne auch zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen. Hätten sich im Zeitpunkt des Erbfalls nur Immobilien im Nachlass befunden, könnte die einheitliche Vergütung nach dieser Ansicht auch dann noch in voller Höhe abgezogen werden, wenn sich später nur noch Kapitalvermögen im Nachlass befinde. Das würde § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG widersprechen. Im umgekehrten Fall wäre der Werbungskostenabzug wegen § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab dem Jahr 2009 vollständig ausgeschlossen, auch wenn sich im Nachlass nur noch Immobilien befänden. Das widerspräche dem objektiven Nettoprinzip.
III. Das Finanzgericht sei von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil könne keinen Bestand haben. Die Sache sei nicht spruchreif. Von seinem Standpunkt aus zu Recht habe das Finanzgericht bisher nicht ermittelt, wie sich der Nachlass in den Streitjahren zusammengesetzt habe. Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen könne der BFH nicht selbst treffen.

C. Kontext der Entscheidung

I. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG). Maßgeblich ist insoweit der Veranlassungszusammenhang. Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen (BFH, Urt. v. 10.06.2008 – VIII R 76/05 – BStBl II 2008, 937; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 41/2008 Anm. 2). Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls (BFH, Urt. v. 06.04.2016 – I R 61/14 – BStBl II 2017, 48; Anm. Märtens, jurisPR-SteuerR 31/2016 Anm. 4).
II. Nach der Rechtsprechung des BFH gehören Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und dem Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Erben stehen, grundsätzlich zum steuerlich unbeachtlichen privaten Vermögensbereich. Bei den Kosten der Testamentsvollstreckung kommt es auf die Art und den Zweck der Tätigkeit an, die der Testamentsvollstrecker im Einzelfall ausführt (BFH, Urt. v. 01.06.1978 – IV R 36/73 – BStBl II 1978, 499). Aufwendungen für eine auf Auseinandersetzung angelegte Testamentsvollstreckung führen grundsätzlich nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten (vgl. BFH, Urt. v. 22.01.1980 – VIII R 47/77 – BStBl II 1980, 351). Dagegen stehen die Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang und können je nach Einkunftsart entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (BFH, Urt. v. 22.01.1980 – VIII R 47/77 – BStBl II 1980, 351).
III. Im Besprechungsfall war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers bestand im Hinblick auf die hier allein in Rede stehenden Einkünfte aus VuV in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. § 2216 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hatte insofern ähnliche Aufgaben wie ein Hausverwalter. Die dafür anfallenden Kosten führen bei den Einkünften aus VuV zu Werbungskosten (ebenso Blümich/Schallmoser, EStG, § 21 Rn. 400 „Hausmeister/Hausverwalter“; Nacke in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 21 Anh 2 „Hausverwalter“; von Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn. B 850 „Hausverwalter“; Gänger in: Bordewin/Brandt, EStG, § 21 Rn. 201 „Verwaltungskosten“). Soweit dem Hausverwalter auch die Erhaltung der Substanz obliegt, dient dies vor allem der im Vordergrund stehenden Erzielung von Einkünften aus VuV. Eine Aufteilung findet insofern nicht statt.

D. Auswirkungen für die Praxis

Für die Praxis ist zunächst die Klarstellung des BFH von Bedeutung, dass die Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus VuV als Werbungskosten abgezogen werden können.
Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt es für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an. Abzustellen ist auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens. Dabei hängt es von den durch das Finanzgericht als Tatsacheninstanz festzustellenden jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, wie häufig und in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Nachlasses geändert hat, ob stets auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder auf seine über den Veranlagungszeitraum gewichtete Zusammensetzung abzustellen ist. Wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst, folgt daraus auch, dass eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers wegen des fehlenden Sachzusammenhangs nicht in Betracht kommt.

Periodengenaue Veranlassung der Kosten für Dauertestamentsvollstreckung durch die erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Carsten OehlmannRechtsanwalt
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