Nachfolgend ein Beitrag vom 23.1.2017 von Schießl, jurisPR-SteuerR 4/2017 Anm. 3

Leitsätze

1. Aufwendungen für die vollständige Erneuerung einer Einbauküche (Spüle, Herd, Einbaumöbel und Elektrogeräte) in einem vermieteten Immobilienobjekt sind nicht – als sog. Erhaltungsaufwand – sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (Änderung der Rechtsprechung).
2. Bei einer Einbauküche mit ihren einzelnen Elementen handelt es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut, das auf zehn Jahre abzuschreiben ist (Änderung der Rechtsprechung).

A. Problemstellung

Die Entscheidung betrifft die in der Praxis wichtige Frage, ob die Aufwendungen des Vermieters für die Erneuerung einer Einbauküche in einem vermieteten Objekt sofort abziehbar oder im Wege der Absetzungen für Abnutzung auf die Nutzungsdauer abzuschreiben sind.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger (Vermieter) hat Einbauküchen (Spüle, Herd, Einbaumöbel und Elektrogeräte) in mehreren ihm gehörenden Mietobjekten entfernt und durch neue ersetzt. Er vertrat die Auffassung, dass die hierfür entstandenen Aufwendungen als sog. „Erhaltungsaufwand“ sofort abziehbar seien. Das Finanzamt ließ lediglich die Kosten für den Einbau von Herd und Spüle sowie für solche Elektrogeräte, deren Gesamtkosten die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (410 Euro) nicht überstiegen, zum sofortigen Abzug zu; die Aufwendungen für die Einbaumöbel verteilte das Finanzamt zeitanteilig im Wege der linearen AfA auf die voraussichtliche Nutzungsdauer von zehn Jahren.
Das Finanzgericht hatte die hiergegen erhobene Klage als unbegründet abgewiesen. Der BFH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Er führt zur Begründung aus:
Die Aufwendungen für die komplette Erneuerung von Einbauküchen (Spüle, Einbaumöbel und Elektrogeräte einschließlich Herd) in vermieteten Immobilienobjekten seien nicht – als sog. Erhaltungsaufwand – sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Soweit der erkennende Senat in seiner früheren Rechtsprechung zu Aufwendungen für bestimmte Einrichtungsgegenstände (Spüle, Herd) eine abweichende Auffassung vertreten habe, halte er hieran nicht länger fest.
Die Neubeurteilung beruhe maßgeblich auf einem geänderten Verständnis zum Begriff der wesentlichen Bestandteile bei Wohngebäuden. Hierzu gehörten die Gegenstände, ohne die das Wohngebäude „unfertig“ sei. Der BFH habe bislang die Auffassung vertreten, dass die in einer Einbauküche verbaute Spüle als Gebäudebestandteil anzusehen sei und dass dies nach Maßgabe regional ggf. unterschiedlicher Verkehrsauffassung auch für den Küchenherd gelte. Danach seien Aufwendungen für die Erneuerung dieser Gegenstände als Erhaltungsaufwand sofort abziehbar gewesen.
Nachdem diese Verkehrsauffassung jedoch hinsichtlich der Ausstattung von Küchen in Wohngebäuden mit Einbaumöbeln und -geräten zuletzt einem verstärkten Wandel unterworfen gewesen sei, halte der BFH an den überkommenen Grundlinien seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung von damit einhergehendem Aufwand nicht länger fest.
Denn abweichend von der Ausstattungspraxis in früheren Jahr(zehnt)en seien Küchenspülen heute nicht mehr als eigenständige Möbeleinheit verbaut, sondern bestehen in der Regel nur noch aus einem Spülbecken, welches in eine Arbeitsplatte eingepasst und über einen Siphon mit der Abwasserleitung verbunden wird. Dementsprechend kann ein solches Spülbecken – unabhängig von einer Erneuerung der übrigen Elemente einer Einbauküche – jederzeit entfernt und gegen ein gleichartiges Ersatzteil ausgetauscht werden. Die Spüle werde nach heutiger Verkehrsanschauung nicht mehr als Bestandteil der Wohnung, sondern als einzelnes Element einer Einbauküche wahrgenommen. Auch ein Kochherd, den die Rechtsprechung nach (regional unterschiedlicher) Verkehrsauffassung zu den Gebäudebestandteilen rechnete, werde heute – anders als früher – regelmäßig nicht mehr als technisch einheitliches Bauteil ausgeführt und einzeln aufgestellt. Danach seien die in einem zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilienobjekt eingebaute Spüle sowie ein dort installierter Kochherd nach aktueller Verkehrsauffassung grundsätzlich nicht (mehr) als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, sondern als Scheinbestandteile (§ 95 Abs. 2 BGB) anzusehen, soweit sie im Einzelfall nicht i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB zur Herstellung des Gebäudes eingefügt worden seien.
Bei den einzelnen Elementen einer Einbauküche – einschließlich Spüle, Herd und aller fest eingebauten elektrischen Geräte – handele es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von zehn Jahren. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten seien daher nur im Wege der AfA steuerlich zu berücksichtigen.

C. Kontext der Entscheidung

I. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen und bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Eine dahingehende Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit der Einkunftsart besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zu deren Förderung getätigt werden.
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Renovierung oder Instandsetzung einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohnimmobilie sind grundsätzlich als sog. Erhaltungsaufwand zu qualifizieren und mithin als sofort abziehbare Werbungskosten zu berücksichtigen. Erhaltungsaufwand liegt regelmäßig vor, wenn bereits vorhandene Teile eines vermieteten Gebäudes erneuert werden, ohne dass dies zu einer Erweiterung oder über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung und damit zur Annahme von Herstellungskosten i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB oder zu anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG führt (vgl. BFH, Urt. v. 10.10.2000 – IX R 15/96 – BStBl II 2001, 787; BFH, Urt. v. 16.01.2007 – IX R 39/05 – BStBl II 2007, 922, m. Anm. Fischer, jurisPR-SteuerR 33/2007 Anm. 3).
II. Für die Frage, was als „Teil eines Gebäudes“ anzusehen ist, knüpft das Einkommensteuerrecht an das bürgerliche Recht an.
Nach § 93 BGB zählen zu den sog. „wesentlichen Bestandteilen“ solche Bestandteile, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB). Nicht zu den Bestandteilen eines Gebäudes gehören demgegenüber solche Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind (§ 95 Abs. 2 BGB). Lediglich zum „Zubehör“ zählen solche bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach diesen Grundsätzen hat die höchstrichterliche Zivilrechtsprechung Einbauküchen im Regelfall die Eigenschaft als einem „wesentlichen Bestandteil“ eines Gebäudes abgesprochen, jedoch im Einzelfall – abhängig von der regionalen Verkehrsauffassung – eine Zubehöreigenschaft für möglich gehalten (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2008 – IX ZR 180/07 – WM 2009, 285; BGH, Urt. v. 01.02.1990 – IX ZR 110/89 – WM 1990, 603). Eine Eigenschaft als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes wurde im Einzelfall nur dann für möglich angesehen, wenn die Kosten des Ein- und Ausbaus einer Einbauküche und die dabei eintretenden wirtschaftlichen Verluste in keinem vernünftigen Verhältnis zum Restwert der Sache standen (OLG Celle, Urt. v. 31.03.1989 – 4 U 34/88 – NJW-RR 1989, 913; OLG Hamburg, Urt. v. 05.10.1977 – 5 U 108/77 – MDR 1978, 138).
III. Die Rechtsprechung des BFH ging bisher davon aus, dass lediglich die in einer Einbauküche verbaute Spüle als Gebäudebestandteil angesehen werden könne und Aufwendungen hierfür mithin zu den Herstellungskosten des Immobilienobjekts zu rechnen seien. Diese Einordnung beruhte auf der Überlegung, dass es sich bei einer Spüle nach der Verkehrsauffassung um einen Bestandteil handelte, der für die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken vorausgesetzt und ohne den das Gebäude nicht als Wohngebäude angesehen werde. Gleiches galt für einen Herd, soweit er nach der – allerdings regional durchaus unterschiedlichen – Verkehrsauffassung für die Ausstattung einer Wohnung als erforderlich angesehen wurde (vgl. BFH, Urt. v. 11.12.1973 – VIII R 171/71 – BStBl II 1974, 474; BFH, Urt. v. 11.12.1973 – VIII R 174/71 – BStBl II 1974, 631; BFH, Urt. v. 02.04.1974 – VIII R 96/69 – BStBl II 1974, 479; BFH, Urt. v. 15.05.1990 – IX R 173/88 – BFH/NV 1991, 148; BFH, Urt. v. 30.07.1991 – IX R 32/89 – BFH/NV 1991, 818). Die weiteren Einrichtungsgegenstände einer Einbauküche waren jedoch – auch bei entsprechender Einpassung in den jeweiligen Wohnraum – von der Rechtsprechung nicht dem Bereich der Gebäudenutzung zugeordnet worden, da sie nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stünden, sondern der Haushaltsführung dienten. Abweichend von diesem Grundsatz wurden Einbauküchen nur dann als wesentliche Bestandteile des Gebäudes angesehen, wenn sie im Zuge des baulichen Einpassens in die für sie bestimmte Stelle mit den sie umschließenden Gebäudeteilen (Seitenwände und Rückwand) vereinigt und damit i.S.d. § 94 Abs. 2 BGB zur „Herstellung eines Gebäudes eingefügt“ wurden (vgl. BFH, Urt. v. 01.12.1970 – VI R 358/69 – BStBl II 1971, 162, zu § 19 des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West); BFH, Urt. v. 04.05.1962 – III 348/60 U – BStBl III 1962, 333). Nach diesen einkommensteuerrechtlichen Maßstäben war die Frage, ob und ggf. inwieweit die Erneuerung von Bestandteilen einer Kücheneinrichtung zum Ersatz von Gebäudebestandteilen (und damit zur Berücksichtigung von Erhaltungsaufwand) oder lediglich zum Ersatz von Scheinbestandteilen (und damit zur Berücksichtigung von Anschaffungskosten) führen konnte, stets von der ggf. regional unterschiedlichen Verkehrsauffassung geprägt. Nachdem diese Verkehrsauffassung jedoch hinsichtlich der Ausstattung von Küchen in Wohngebäuden mit Einbaumöbeln und -geräten zuletzt einem verstärkten Wandel unterworfen war, hält der BFH an den überkommenen Grundlinien seiner Rechtsprechung zur Berücksichtigung von damit einhergehendem Aufwand aus den unter B.III. genannten Gründen nicht länger fest.
IV. Eine Einbauküche wird individuell geplant und in ihrer baulichen Gestaltung an (bzw. in) die jeweiligen räumlichen Verhältnisse angepasst bzw. eingepasst. Dabei zeichnet sich eine moderne Einbauküche insbesondere dadurch aus, dass die einzelnen Einbaumöbel nicht mehr frei stehende, in ihrem Standort veränderbare Einzelteile darstellen, sondern als modulare Unterbauschränke regelmäßig untereinander und zugleich mit einer durchgehenden Arbeitsplatte fest verbunden sind und diese Verbindung regelmäßig auch auf Dauer angelegt ist. Die Einbaumöbel der Einbauküche erfüllen ihren bestimmungsgemäßen Zweck gerade und ausschließlich durch ihre dauerhafte Verbundenheit. Daher bildeten die im Besprechungsfall vom Kläger in den drei Immobilienobjekten eingerichteten Einbauküchen nach der Verkehrsauffassung als Sachgesamtheiten jeweils ein einheitliches Wirtschaftsgut. Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung der von den Finanzbehörden ausgegebenen AfA-Tabellen von einer regelmäßigen Nutzungsdauer für neu angeschaffte Einbauküchen von zehn Jahren ausgegangen wird, begegnet dies keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (so z.B. auch FG Hannover, Urt. v. 21.10.2014 – 12 K 79/13, rkr.).
V. Der IX. Senat weicht mit dieser geänderten Rechtsauffassung zwar von früheren Entscheidungen des BFH ab (vgl. BFH, Urt. v. 02.04.1974 – VIII R 96/69 – BStBl II 1974, 479, zu § 7 EStG, BFH, Urt. v. 11.03.1975 – VIII R 23/70 – BStBl II 1975, 659; BFH, Urt. v. 11.12.1973 – VIII R 174/71 – BStBl II 1974, 631, jeweils zu § 7b EStG a.F.; BFH, Urt. v. 11.12.1973 – VIII R 171/71 – BStBl II 1974, 474, zu § 54 EStG a.F.). Da die alleinige Zuständigkeit für die Berücksichtigung von Aufwand im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung indes auf den erkennenden Senat übergegangen ist, bedurfte es insoweit keiner Anrufung des Großen Senats des BFH.

D. Auswirkungen für die Praxis

Der BFH hat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung für die Praxis klargestellt, dass die Aufwendungen für die komplette Erneuerung einer Einbauküche in einem vermieteten Immobilienobjekt nicht sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind; sie müssen vielmehr über einen Zeitraum von zehn Jahren im Wege der Absetzungen für Abnutzung abgeschrieben werden.