Nachfolgend ein Beitrag vom 20.8.2018 von Pohl, jurisPR-SteuerR 33/2018 Anm. 1

Leitsatz

Übersteigen die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den privaten Nutzungsvorteil für die außerdienstliche Nutzung eines ihm überlassenen betrieblichen Kfz des Arbeitgebers, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten. Dies gilt sowohl bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode als auch bei der 1%-Regelung. Die Rechtslage ist geklärt.

A. Problemstellung

Mit seinen Urteilen vom 30.11.2016 (VI R 49/14 – BStBl II 2017, 1011; Anm. Geserich, jurisPR-SteuerR 14/2017 Anm. 1 und VI R 24/14 – BFH/NV 2017, 448) hatte der BFH bereits geklärt, dass Eigenleistungen des Arbeitnehmers, die den infolge der arbeitgeberseitigen Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung anzusetzenden privaten Nutzungsvorteil übersteigen, weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten führen.
Nunmehr hatte der BFH anlässlich einer Nichtzulassungsbeschwerde darüber zu befinden, ob dies auch dann gilt, wenn durch den Arbeitgeber eine Erhöhung des Bruttogehalts für die Möglichkeit der Privatnutzung des Kraftfahrzeuges nicht ausgewiesen wurde. Der BFH bejaht dies.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Arbeitgeberin des im Außendienst tätigen Klägers überließ diesem von ihr geleaste Firmenwagen auch zur privaten Nutzung. Den nach der 1%-Methode ermittelten geldwerten Vorteil versteuerte die Arbeitgeberin nicht als Arbeitslohn, sondern zog diesen als „Nutzungspauschalbetrag“ monatlich vom Nettogehalt ab. Der Kläger begehrte den Abzug der einbehaltenen „Nutzungspauschalbeträge“ als Werbungskosten und berief sich hierzu auf die BFH-Urteile vom 07.11.2006 (VI R 95/04 – BStBl II 2007, 269; Anm. Bergkemper, jurisPR-SteuerR 7/2007 Anm. 2) und vom 18.10.2007 (VI R 59/06 – BStBl II 2009, 200; Anm. Bergkemper, jurisPR-SteuerR 7/2008 Anm. 1). Dem Kläger sei der volle 1%-Bruttolistenpreis des Fahrzeugs monatlich vom Nettogehalt abgezogen worden, weshalb die Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung entfallen müsse. Dies müsse nicht nur für die vom BFH entschiedenen Fälle gelten, in denen tatsächlich im Brutto eine Pauschale angesetzt und entsprechende Zuzahlungen des Arbeitnehmers geleistet worden seien, sondern auch dann, wenn der geldwerte Vorteil der Firmenwagennutzung nicht im Brutto der Gehaltsabrechnungen erschienen sei. Die gesetzliche Besteuerung nach der 1%-Regelung sowie die Zuzahlung seien gegeben.
Einspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos. Das Finanzgericht verneinte mangels steuerlicher Belastung des Klägers einen Werbungskostenabzug, weil weder durch die Arbeitgeberin im Rahmen des Lohnsteuerabzugs noch durch den Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung der Arbeitslohn um einen geldwerten Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG erhöht worden sei (FG Dessau-Roßlau, Urt. v. 26.05.2017 – 5 K 1166/10). Die vom Kläger wirtschaftlich getragene Nutzungspauschale könne auch nicht als Zuzahlung auf die Anschaffungskosten eines PKW des Arbeitgebers qualifiziert werden (z.B. BFH, Urt. v. 18.10.2007 – VI R 59/06 – BStBl II 2009, 200), weil weder die Firmenwagenregelung noch die Kraftfahrzeug-Benutzungsabkommen dafür einen Anhaltspunkt boten. Eine steuerrechtliche Berücksichtigung der den geldwerten Vorteil übersteigenden Nutzungsvergütung kam zudem nach der neuen Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 30.11.2016 – VI R 49/14, BFH, Urt. v. 30.11.2016 – VI R 24/14) als sog. negativer geldwerter Vorteil (geldwerter Nachteil) nicht in Betracht.
Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wies der BFH zurück. Es sei insbesondere offensichtlich und bedürfe keiner Klärung, dass ein Werbungskostenabzug der Zuzahlungen des Arbeitnehmers auch dann nicht in Betracht kommt, wenn die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung auf der Einnahmeseite unterblieben ist.

C. Kontext der Entscheidung

I. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung (z.B. BFH, Urt. v. 30.11.2016 – VI R 49/14 – BStBl II 2017, 1011 m.w.N.) führt die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i.S.v. § 19 EStG. Die (teil)unentgeltliche Kfz-Gestellung stellt daher nach der Gesetzessystematik dem Grunde nach zwingend Arbeitslohn dar (z.B. BFH, Urt. v. 07.11.2006 – VI R 95/04 – BStBl II 2007, 269; BFH, Urt. v. 06.10.2011 – VI R 56/10 – BStBl II 2012, 362). Steht der Vorteil dem Grunde nach fest, ist dieser seit dem Jahr 1996 geltenden Regelung des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entweder nach der 1%-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu bewerten. Ein Wahlrecht besteht damit nur hinsichtlich der Wahl der Bewertungsmethode des geldwerten Vorteils.
II. Diese gesetzlich zwingende Bewertungsregelung nach der 1%-Methode kann insbesondere auch nicht durch die Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden, selbst wenn dieses als angemessen anzusehen ist (BFH, Urt. v. 07.11.2006 – VI R 95/04 – BStBl II 2007, 269; BFH, Urt. v. 18.12.2014 – VI R 75/13 – BStBl II 2015, 670; Anm. Dürr, jurisPR-SteuerR 24/2015 Anm. 2). Vom Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß gezahlte Nutzungsvergütungen sind von den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen, weil der Arbeitnehmer insoweit nicht bereichert ist.
III. Soweit streitig war, ob über den geldwerten Vorteil hinausgehende Nutzungsvergütungen des Arbeitnehmers (sog. „überschießende Nutzungsvergütungen“) steuerlich beachtlich sind (bejahend FG Stuttgart, Urt. v. 25.02.2014 – 5 K 284/13 – EFG 2014, 896: überschießender Betrag sind Werbungskosten – Revisionsverfahren VI R 24/14; verneinend FG Leipzig, Urt. v. 05.02.2014 – 4 K 2256/09 – EFG 2014, 896: kein negativer Arbeitslohn – Revisionsverfahren VI R 49/14), hat der BFH (Urt. v. 30.11.2016 – VI R 49/14 und VI R 24/14) eine steuerrechtliche Berücksichtigung überschießender Nutzungsvergütungen als negativen geldwerten Vorteil (= geldwerter Nachteil) bereits grundsätzlich verneint.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Besprechungsentscheidung des BFH als offenkundig notwendige Klarstellung dar, dass beim vollständigen Fehlen der Versteuerung eines geldwerten Vorteils beim Arbeitnehmer insbesondere durch den Abzug einer Nutzungsentschädigung für private Dienstwagennutzung vom Nettogehalt kein Werbungskostenabzug in Betracht kommen kann.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Besprechungsentscheidung spitzt die neuere und zutreffende BFH-Rechtsprechung zu sog. „überschießenden Nutzungsvergütungen“ bei privaten Dienstwagennutzungen (BFH, Urt. v. 30.11.2016 – VI R 49/14 und VI R 24/14) zu. Wurde der Bruttoarbeitslohn des Arbeitnehmers auf der Einnahmenseite überhaupt nicht um einen geldwerten Vorteil für die private Nutzungsmöglichkeit des vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagens erhöht und somit der geldwerte Vorteil überhaupt nicht versteuert, scheidet von vornherein (rechtlich und rechnerisch) auf der Ausgabenseite ein gegenläufiger Werbungskostenabzug aus.


Anmerkung: Der Autor hat nach meiner Auffassung das Abrechnungsmodell des Arbeitgebers schlicht nicht verstanden und kommt damit zu der falschen Schlussfolgerung, der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers durch die Privatnutzung des ihm überlassenen PKW sei gar nicht versteuert gewesen, ein gegenläufiger Werbungskostenabzug scheide daher schon rechnerisch aus. In rechtlicher Hinsicht ist die Entscheidung des BFH sicherlich nicht zu beanstanden. Diese ist schlichtweg konsequent. Rechnerisch allerdings irrt der Autor. Durch den Abzug des sog. Nutzungspauschalbetrages vom Nettolohn und gerade nicht vom Bruttolohn ist selbstverständlich eine volle steuerliche Berücksichtigung zu verzeichnen. Nur so erklärt sich auch die (letztlich erfolglose) Durchführung des finanzgerichtlichen Klageverfahrens durch den Steuerpflichtigen.

Führt man das Abrechnungsmodell des Arbeitgebers theoretisch aber weiter, in dem er dem Arbeitnehmer nicht nur eine Nutzungspauschale für die Privatnutzung vom Nettolohn in Abzug bringt, sondern für das Fahrzeug insgesamt einschließlich der Fahrten mit betrieblicher Veranlassung, gelangt man zu einer (im Regelfall) umsatzsteuerpflichtigen Vermietung eines KFZ an den Arbeitnehmer. Wenn diese dem Fremdvergleich einer Dauervermietung standhält und zumindest die Möglichkeit der Gewinnerzielung bei dem Arbeitgeber beinhaltet, dürfte nichts gegen eine Anerkennung dieses Modells durch die Finanzverwaltung sprechen. Warum sollte allerdings der Arbeitnehmer eine solche Vereinbarung abschließen? Die Begründung liegt auf der Hand: Hier kann dieser nämlich die Fahrten mit betrieblicher Veranlassung wiederum dem Arbeitgeber berechnen, dies nach dem jetzigen Stand mit 0,30 € pro gefahrenem Kilometer. Es gibt etliche Fahrzeuge verschiedener Hersteller, die im Rahmen des Fuhrparkmanagements seitens des Arbeitgebers zu solch günstigen Leasingkonditionen (teilweise incl. Wartung und Versicherung) angemietet werden können, dass die Weitergabe dieser Konditionen an den Arbeitnehmer im Wege der Dauermiete (cost-plus-Verfahren) oftmals zu betriebswirtschaftlich sehr interessanten Konstellationen führen kann.

Beispiel: Volvo V90 D3, 150 PS Diesel, 30.000 km Jahresfahrleistung, Laufzeit 24 Monate, ohne Anzahlung, Leasingrate 224,02 € Monat netto, Service-Paket 18,46 € Monat (z.B. Vehiculum.de). Aufgerundete Gesamtrate incl. Service 242,50 € netto, d.h. 288,58 brutto. Der Beispiel-Arbeitnehmer hat einen Anteil von 70% betrieblicher Fahrten, 20% für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und einen Anteil von 10% für Privatfahrten. Bei einem Verbrauch von 4,9l /100 km (Euro 6d Realverbrauch) und einem durchschnittlichen Dieselpreis von 1,30€ pro Liter ergeben sich hierfür Gesamtkosten in Höhe von 1.911 €, die der Arbeitnehmer selbst zu tragen hat. Für die betrieblichen Fahrten realisiert der Arbeitnehmer steuerfreien Aufwendungsersatz in Höhe von 6.300 € (21.000 km x 0,30 €). An Steuervorteil realisiert der Arbeitnehmer weiterhin für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 270 € (6.000 km : 2 x 0,30 € x 30% persönlicher Steuersatz). Quintessenz: Bei einem Vermietpreis in Höhe von bis zu 388 € pro Monat brutto bezahlt der Arbeitnehmer keinen Cent für die Privatnutzung. Für den Arbeitgeber ergibt sich neben der Belastung mit der Leasingrate und der Service-Pauschale noch eine weitere Belastung mit KFZ-Steuern und Versicherungen, die im Beispielfall durch den Differenzbetrag von knapp 100 € pro Monat aufgefangen werden können, um auch für den Arbeitgeber bei den Einnahmen aus der Vermietung des PKW zu einem „Nullsummenspiel“ zu gelangen.

Für Arbeitgeber gilt: Der Profi least! Für Arbeitnehmer gilt: Der Profi mietet, 1%-Regelung war gestern!

Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kfz-Kosten bei der Dienstwagenüberlassung
Carsten OehlmannRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Fachanwalt für Erbrecht und Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)
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Silvia SlubikSteuerberater
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