Nachfolgend ein Beitrag vom 11.9.2017 von Geserich, jurisPR-SteuerR 37/2017 Anm. 1

Leitsätze

1. Bei einem Forstbetrieb, insbesondere einem sog. aussetzenden Betrieb, ist die Totalgewinnprognose objektbezogen, d.h. generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen oder bei Erwerb bereits hergestellter Baumbestände verbleibenden Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu ermitteln (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des BFH).
2. Ein Steuerpflichtiger, der durch den Erwerb eines Waldgrundstücks von knapp 5 ha einen Forstbetrieb begründet und diesen durch Hinzuerwerbe auf ca. 7,5 ha erweitert, kann sich regelmäßig auch dann nicht auf Liebhaberei berufen, wenn er ansonsten keine Land- und Forstwirtschaft betreibt, er in der Zeit zwischen Erwerb und Veräußerung weder Bewirtschaftungsmaßnahmen durchgeführt noch Holzeinschläge vornimmt und die auf die verbleibende Umtriebszeit verteilten jährlichen Gewinne 500 Euro nicht übersteigen.

A. Problemstellung

Streitig ist, ob trotz Nichtbewirtschaftung eines aus drei nicht zusammenhängenden Grundstücken bestehenden Privatwaldes ein Forstbetrieb vorliegt.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger ist pensionierter Sparkassenleiter. Er erwarb in den Jahren 1994 und 1997 zwei nicht zusammenhängende Waldgrundstücke zum Kaufpreis von 157.600 DM. 2004 erwarb er ein weiteres nicht angrenzendes Waldgrundstück zum Kaufpreis von 6.000 Euro. Bewirtschaftet wurden die Wälder nicht. Im Dezember 2007 veräußerte der Kläger die drei Grundstücke zu einem einheitlichen Kaufpreis von 186.380 Euro. Der Kaufpreis floss ihm im Januar 2008 zu. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärte der Kläger nicht.
Das beklagte Finanzamt war der Ansicht, bei den drei Waldgrundstücken des Klägers mit insgesamt 7,46 ha habe es sich um einen forstwirtschaftlichen Betrieb gehandelt, der im Dezember 2007 mit einem Gewinn von 96.040 Euro veräußert worden sei. Es erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid 2008. Der Gewinn sei mit Zahlung des Kaufpreises im Jahr 2008 zugeflossen.
Das Finanzgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Finanzamt habe das Vorliegen eines Forstbetriebs zu Unrecht bejaht. Allerdings habe der Kläger das zuletzt erworbene Grundstück innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist veräußert. Der insoweit entstandene Gewinn sei nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar (FG München, Urt. v. 01.12.2014 – 7 K 2162/12 – EFG 2015, 379).
Die hiergegen erhobene Revision des Finanzamts wies der BFH zurück. Zwar habe das Finanzgericht das Vorliegen eines Forstbetriebs zu Unrecht verneint. Allerdings habe der Kläger den Veräußerungsgewinn nicht erst im Streitjahr 2008, sondern bereits im Jahr 2007 realisiert.

C. Kontext der Entscheidung

I. Einkünfte sind nur steuerbar, wenn sie sich einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten zurechnen lassen. Deshalb setzt die Berücksichtigung des von dem Kläger aus dem Verkauf der Waldgrundstücke erzielten Gewinns – jenseits von § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – voraus, dass dieser im Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG, d.h. aus der planmäßigen Nutzung der natürlichen Kräfte des Waldbodens zur Gewinnung von Nutzhölzern und ihrer Verwertung im Wege der Holzernte entstanden ist (BFH, Urt. v. 13.04.1989 – IV R 30/87 – BStBl II 1989, 718).
II. Bewirtschaftungsmaßnahmen des Steuerpflichtigen sind für das Vorliegen eines Forstbetriebs nicht erforderlich. Denn auch derjenige, der eine größere Forstfläche mit einem mit Nutzhölzern aufgeforsteten und schon herangewachsenen, aber noch nicht schlagreifen Waldbestand erwirbt, den Baumbestand dann ohne Arbeitsaufwand sich selbst überlässt, ohne Bestandspflege zu treiben, und nach einigen Jahren das Forstgrundstück veräußert, wird allein dadurch zum Forstwirt, dass er einen Wald erworben hat, der seiner Beschaffenheit nach einen aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt und dessen Wertsteigerung durch den natürlichen Aufwuchs ihm als zunächst nicht realisierter Gewinn zufällt (BFH, Urt. v. 18.03.1976 – IV R 52/72 – BStBl II 1976, 482; BFH, Urt. v. 18.11.2009 – II R 30/08 – BFH/NV 2010, 466). Dies gilt selbst dann, wenn es sich um einen „fachfremden Privatmann“ handelt. Sind die Wälder räumlich voneinander getrennt, bilden sie einen einheitlichen forstwirtschaftlichen Betrieb, wenn aufgrund einer Gesamtbetrachtung der betrieblichen Verhältnisse deren einheitliche Bewirtschaftung – wie vorliegend bei einer Entfernung der Forstareale von 55 km und einer nämlichen Waldbeschaffenheit – möglich ist. Bei einer Distanz von mehr als 100 km zwischen einem landwirtschaftlichen Grundstück und Hofstelle des Betriebs kann es diesem Betrieb allerdings grundsätzlich nicht als Betriebsvermögen zugeordnet werden (BFH, Urt. v. 19.07.2011 – IV R 10/09 – BStBl II 2012, 93).
III. Überdies muss der forstwirtschaftliche Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt werden. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 2 EStG, der auch auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG anzuwenden ist (BFH, Urt. 07.04.2016 – IV R 38/13 – BStBl II 2016, 765 m.w.N.; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 36/2016 Anm. 2). Erforderlich ist damit eine Betätigung, die über eine größere Zahl von Jahren gesehen auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist. An der Gewinnerzielungsabsicht fehlt es, wenn die Gewinnprognose negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (z.B. BFH, Urt. v. 11.10.2007 – IV R 15/05 – BStBl II 2008, 465; Anm. Nöcker, jurisPR-SteuerR 28/2008 Anm. 2; BFH, Urt. v. 05.05.2011 – IV R 48/08 – BStBl II 2011, 792). Erwirtschaftet der Steuerpflichtige hingegen keine Verluste, sondern Gewinne, kann nicht von einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht ausgegangen werden. Nur wenn Verluste geltend gemacht werden, können überhaupt Zweifel an der Gewinnerzielungsabsicht aufkommen (BFH, Urt. v. 18.05.2000 – IV R 27/98 – BStBl II 2000, 524; BFH, Urt. v. 05.05.2011 – IV R 48/08 – BStBl II 2011, 792).
IV. Maßgebend ist allein der steuerliche (Total-)Gewinn. Auf die nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ermittelten jährlichen Überschüsse und deren Höhe kommt es nicht an (BFH, Urt. v. 17.03.2010 – IV R 60/07 – BFH/NV 2010, 1446 m.w.N.; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 35/2010 Anm. 1). Der für die Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Die Einkünfteerzielungsabsicht bestimmt sich dabei nach den Besonderheiten der jeweiligen Einkunftsart. Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen ist und deshalb mehr als eine Generation umfassen muss (BFH, Urt. v. 24.08.2000 – IV R 46/99 – BStBl II 2000, 674; BFH, Urt. v. 07.04.2016 – IV R 38/13 – BStBl II 2016, 765; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 36/2016 Anm. 2). Dies gilt auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige einer naturnahen Waldbewirtschaftung verpflichtet sieht.
V. Davon ausgehend stellt sich die Veräußerung der drei Waldgrundstücke als Betriebsveräußerung im Ganzen dar (§§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 14 EStG). Der dabei erzielte Gewinn ist allerdings nicht wie laufender Gewinn eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs auf die Kalenderjahre zu verteilen, in denen das Wirtschaftsjahr liegt, sondern einheitlich in dem Kalenderjahr zu erfassen, in dem er entstanden ist (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG) und nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG). Realisiert wird ein solcher Gewinn durch einen Umsatz, bei dem das vereinbarte Entgelt an die Stelle der verkauften Sache tritt.
Davon ist auszugehen, wenn der Kaufvertrag wirtschaftlich erfüllt ist, d.h. der Verkäufer seine Leistung im Wesentlichen erbracht hat und deshalb sein Anspruch auf die Zahlung nicht mehr mit ungewöhnlichen Risiken belastet erscheint. Von diesem Zeitpunkt an ist das veräußerte Wirtschaftsgut nach den steuerrechtlichen Vorschriften nicht mehr dem Veräußerer, sondern dem Erwerber zuzurechnen. Bei der Veräußerung von Grundstücken ist dies regelmäßig der Fall, wenn Besitz, Nutzungen, Lasten und die Gefahr des zufälligen Untergangs/Verschlechterung auf den Erwerber übergehen (z.B. BFH, Urt. v. 18.05.2006 – III R 25/05 – BFHE 213, 499 m.w.N.; Anm. Grube, jurisPR-SteuerR 35/2006 Anm. 3). Damit hatte der Steuerpflichtige zwar noch nicht sein zivilrechtliches, wohl aber sein wirtschaftliches Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO) an einem Grundstück verloren.

D. Auswirkungen für die Praxis

Im Streitfall hat der Kläger den Veräußerungsgewinn daher bereits mit Vertragsabschluss – im Dezember 2007 – realisiert. Die spätere Zahlung des Kaufpreises – im Januar 2008 – ist insoweit unerheblich. Ebenfalls unschädlich ist, dass der Käufer nach dem vorliegenden Kaufvertrag vor Kaufpreiszahlung nicht zum Holzeinschlag – Pflegemaßnahmen ausgenommen – berechtigt war. Denn entscheidend für die Frage, ob das wirtschaftliche Eigentum auf einen anderen als den zivilrechtlichen Eigentümer übergegangen ist, ist das Gesamtbild. Wirtschaftliches Eigentum kann deshalb auch dann anzunehmen sein, wenn Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr nicht in vollem Umfang gegeben sind (BFH, Urt. v. 12.09.1991 – III R 233/90 – BStBl II 1992, 182). In diesem Zusammenhang hat der BFH entschieden, dass es maßgeblich darauf ankommt, wann nach dem Vertrag oder mangels vertraglicher Regelung nach Zivilrecht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung, d.h. die Substanz des Wirtschaftsguts, auf den Erwerber übergeht. Die Nutzungen (Fruchtziehung) treten dagegen dahinter zurück (vgl. BFH, Urt. v. 22.09.2016 – IV R 1/14 Rn. 20 f. – BStBl II 2017, 171; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 5/2017 Anm. 1).