Nachfolgend eine Anmerkung vom 03.01.2017 von Axel Scholz, LEXinform Dok.-Nr.: 0653074
Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung konkretisiert, wann ein Schenkungs- und Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen als fremdüblich vereinbart gilt und damit steuerlich anzuerkennen ist.
Im Streitfall hatten Mutter und Sohn eine Schenkungsvereinbarung geschlossen. Danach schenkte die Mutter ihrem Sohn einen sechsstelligen Geldbetrag. Zudem schlossen Mutter und Sohn einen schriftlichen Mietvertrag über ein Haus, das im Eigentum des Sohns stand. Darin war vereinbart, dass die Miete von 400 € zum dritten Werktag eines Monats auf das Konto des Sohns sowie die Nebenkosten nach einer einmal jährlich zu erstellenden Abrechnung zu zahlen sind. Eine Vorauszahlung von Nebenkosten war nicht vereinbart. Die Kündigungsfrist betrug zwölf Monate. Eine Anpassung der Kaltmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete durch den Vermieter war jederzeit mit einer Frist von einem Monat möglich. In einem Nachtrag zum Mietvertrag wurde abweichend von der bis dahin geltenden Zahlungsbestimmung vereinbart, dass die Mutter die Miete und die Nebenkosten einmal jährlich durch Widerruf der Schenkung und Aufrechnung entrichten konnte. Denn in der Schenkungsvereinbarung war eine Klausel enthalten, nach der die Mutter die Schenkung jährlich bis zur ersten Dezemberwoche bis zu einem Betrag von 10.000 € durch schriftliche Erklärung ohne weitere Begründung widerrufen durfte.
In der Folgezeit leistete die Mutter die Miet- und Nebenkostenzahlungen durch Schenkungswiderrufe. Der Sohn erklärte Verluste aus Vermietung und Verpachtung, die das Finanzamt nicht anerkannte. Während das Finanzgericht der Klage stattgab, hat der BFH das Urteil nun aufgehoben.
Vereinbarung muss Fremdvergleich standhalten
Der BFH hat erneut klargestellt, dass die steuerliche Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen u.a. davon abhängig ist, dass die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen muss. An Vertragsgestaltungen zwischen nahestehenden Personen werden strenge Anforderungen gestellt, um entscheiden zu können, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt.
Maßgeblich für die Entscheidung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich (§ 12 EStG) zugehörig sind, sind dabei insbesondere die Kriterien des Fremdvergleichs. Zumindest die Hauptpflichten der Vertragsparteien müssen klar und eindeutig vereinbart und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt worden sein.
Schenkungsvertrag war nicht fremdüblich
Bereits die wirtschaftliche und rechtliche Verbindung zwischen Schenkungs- und Mietvertrag, wie sie mit dem Nachtrag zum Mietvertrag erfolgt war, ist nach Ansicht des BFH nicht fremdüblich. Denn ein fremder Mieter hätte sich auf ein derartiges Vertragsgeflecht nicht eingelassen. Eine derartige Kombination aus Mietvertrag und Schenkungsversprechen wird allenfalls zwischen Angehörigen vereinbart und umgesetzt.
Zudem entspricht der Schenkungsvertrag nach Auffassung des BFH weder dem Inhalt fremdüblicher Schenkungsvereinbarungen noch den einschlägigen Regelungen des BGB. Danach sind Schenkungen regelmäßig nicht widerruflich ausgestattet. Zudem wird der Widerruf nach § 530 Abs. 1 BGB grundsätzlich von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht, während im Entscheidungsfall ein voraussetzungsloser Widerruf vereinbart war, was für den BFH bereits ein erhebliches Indiz gegen die Ernsthaftigkeit und Fremdüblichkeit der getroffenen Schenkungsvereinbarung darstellt.
Diese abgeschlossenen Vereinbarungen sind nach Ansicht des BFH auch nicht wie vereinbart tatsächlich durchgeführt worden. Denn obwohl die Widerrufsmöglichkeit im Schenkungsvertrag auf einen Betrag von 10.000 € jährlich begrenzt war, wurden in zwei Jahren deutlich höhere Widerrufe erklärt, ohne dass dies von den Vertragsparteien beanstandet wurde.
Jährliche Mietzahlung ist unüblich
Für den BFH weicht auch der Mietvertrag in zahlreichen Punkten von den zwischen fremden Dritten üblichen Vereinbarungen ab. Dies gilt zunächst für den Umstand, dass die Mietzahlungen nur einmal jährlich im Nachhinein geleistet und auch die Nebenkosten ohne Vorauszahlungen nur einmal jährlich abgerechnet und mit erheblicher Verzögerung beglichen werden. Mietzahlungen über Wohnraum werden üblicherweise – wie § 556b BGB vorgibt – monatlich im Voraus geleistet. Nebenkostenvorauszahlungen werden ebenfalls üblicherweise monatlich im Voraus geleistet. Ein fremder Vermieter würde sich auf eine nur jährliche Zahlung und die damit verbundene erhebliche Vorleistung seinerseits hinsichtlich der Wohnraumüberlassung und der Nebenkosten nicht einlassen. Eine nur einmal jährlich erfolgende Zahlung ist daher als unüblich und damit auch als nicht fremdüblich einzustufen. Dies wird durch den Umstand verstärkt, dass die Nebenkosten bereits im Mai des jeweiligen Jahres abgerechnet wurden, eine Begleichung der Forderung aber erst im Dezember des jeweiligen Jahres im Wege der Aufrechnung erfolgte. Beide Pflichten betreffen die Hauptpflichten aus einem Mietvertrag (§ 535 BGB), nämlich die Zahlung von Miete und Nebenkosten.
Auch betrug die Kündigungsfrist für die Mutter zwölf Monate, obwohl es sich bei der Fristenregelung in § 573c BGB um unter den Parteien eines Mietvertrags zwingendes, nicht abdingbares Recht handelt. Eine Anpassung der Kaltmiete an die Vergleichsmiete war nach den getroffenen Vereinbarungen jederzeit mit einer Frist von einem Monat möglich, ohne dass auf die (ebenfalls nicht abdingbaren) Beschränkungen des § 558 BGB Rücksicht genommen wurde.
Schließlich ist das Mietverhältnis auch nicht wie zwischen fremden Dritten durchgeführt worden. Dies zeigt sich daran, dass die Mutter Teilbeträge der Miete zeitweise wegen Mängeln der Wohnung einbehalten hatte und der Sohn zunächst keine Anstalten machte, die Mängel zu beseitigen und wieder die volle Mietzahlung zu erhalten. Vielmehr hatte die Mutter im Nachhinein die Miete ohne Erläuterung und ohne rechtliche Verpflichtung nachentrichtet. Unter fremden Dritten hätte sich der Mieter auf Minderansprüche berufen und wegen Mängeln der Mietsache von einer Nachentrichtung der offenen Beträge abgesehen.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist von großer Bedeutung für Schenkungs- und Mietverträge zwischen nahen Angehörigen. Der BFH hat klargestellt, dass die wesentlichen Vertragspflichten nicht nur klar und eindeutig vereinbart sowie tatsächlich durchgeführt sein müssen, sondern auch den gesetzlichen Regelungen entsprechen müssen, wenn diese zwingend und nicht abänderbar sind. Der BFH schafft damit, auch wenn die Frage der Fremdüblichkeit immer eine Einzelfallentscheidung bleiben wird, mehr Rechtssicherheit.