VG Arnsberg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 5 K 632/15 –, Rn. 71, juris

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungssteuer. Der Kläger, wohnhaft in C. und derzeit als Soldat in der Nähe von N. stationiert, ist seit dem Jahr 2014 Alleineigentümer der Wohnung „B.-Straße 55, WG Nr. 4“ in X. . Der Vater (und Prozessbevollmächtigte) des Klägers ist Inhaber eines Nießbrauchsrechts am hälftigen Anteil der Wohnung. Unter dem 14. Februar 2014 übermittelte der Kläger der Beklagten einen Erklärungsbogen, dem zufolge die Wohnung – mit der Möglichkeit der Eigennutzung – zur Weitervermietung an Dritte der Q. überlassen worden sei. Mit Schreiben vom 19. Februar 2014 und Email vom 1. April 2014, gerichtet an die Anwaltskanzlei des Vaters des Klägers und an die Q. , bat die Beklagte jeweils erfolglos um Übersendung des Vermittlungsvertrages. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 26. Juni 2014 setzte der Bürgermeister der Beklagten gegenüber dem Kläger für das Kalenderjahr 2014 Zweitwohnungssteuer von 649,55 EUR fest. Mit weiterem Bescheid vom 23. Januar 2015 setzte der Bürgermeister der Beklagten gegenüber dem Kläger für das Kalenderjahr 2015 u.a. Zweitwohnungssteuer von 659,30 EUR fest.

Am 9. Februar 2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, die Wohnung werde regelmäßig sowohl durch die Q. als auch unmittelbar durch ihn vermietet. Der Vermittlungsvertrag mit der Q. liege der Beklagten bereits seit dem Jahr 2012 vor. Eine Eigennutzung des Objekts finde nicht statt. Dem Schreiben beigefügt waren zwei Bescheide des Finanzamts C. für die Jahre 2012 und 2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nebst Ausdrucken der im Jahr 2015 mit der Q. geführten Emailkorrespondenz. Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 teilte der Bürgermeister der Beklagten mit, es liege lediglich ein zwischen Frau J. und der Q. geschlossener Vermietungsvertrag aus dem Jahr 2012 vor, der handschriftlich ergänzt worden sei. Am 23. Februar 2015 hat der Kläger gegen die im Bescheid vom 23. Januar 2015 erfolgte Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen ergänzt: Eine Eigennutzung der streitgegenständlichen Wohnung finde weder durch ihn noch durch seine Familie statt. Dies könnten die weiteren Bewohner des Hauses bestätigen. Die fehlende Eigennutzung ergebe sich ferner daraus, dass in der letzten Wohnungseigentümerversammlung wegen des vermeintlichen Mehraufwandes einer Vermietung als Ferienwohnung eine erhöhte Vorauszahlung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen worden sei. Zudem sprächen auch die Bescheide des Finanzamtes C. gegen die Eigennutzung der Wohnung, da im Falle einer teilweisen Eigennutzung die aus der Vermietung und Verpachtung generierten negativen Einkünfte nur quotal anerkannt worden wären. Es sei zwar richtig, dass theoretisch die Möglichkeit der Eigennutzung bestehe, hierauf komme es jedoch nicht an. Die Eigennutzung der Wohnung sei nie beabsichtigt gewesen. Der Vermittlungsvereinbarung vom 1. November 2011 sei zu entnehmen, dass der Vorname M. sowohl eingangs des Vertragsdokuments als auch in der abschließenden Unterschriftenzeile gestrichen und durch die Buchstaben „S.“ und „N1.“, die für die Namen S. und N1. stünden, ersetzt worden sei. Auch in dem an die Q. gerichteten Anschreiben vom 13. Februar 2012 werde auf ihn und seinen Vater Bezug genommen. Der Passus der Vermietungsvereinbarung, wonach die Dienste der Q. nur in Absprache mit dem Eigentümer erfolgten, stelle lediglich sicher, dass der jeweilige Eigentümer Kenntnis von der Vermietung erhalte. Er, der Kläger, habe die Vereinbarung nicht so interpretiert, dass ihm die Eigennutzung der Wohnung gestattet sei. Im Übrigen hätten er und sein Vater mit Schreiben vom 23. Juni 2015 den Vertrag mit der Q. fristlos gekündigt. Im Anschluss sei beginnend mit dem 1. August 2015 mit der Vermietungsservice X. GmbH eine Vermietungsvereinbarung geschlossen worden. Schließlich habe er mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 ein undatiertes Formular der Vermietungsservice X. GmbH an die Beklagte übersandt. Ausweislich dieser mit der Überschrift „Versicherung an Eides statt“ versehenen Erklärung hätten er und sein Vater angegeben, die Ferienwohnung ganzjährig durch die Vermietungsservice X. GmbH an Feriengäste vermieten zu lassen. Für den Fall, dass eine Eigennutzung stattfinde, werde der offizielle Tagesmietpreis an die Vermietungsservice X. GmbH gezahlt.

Zur Begründung vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus: Mit Grundsteuermessbescheid vom 3. August 2013 sei ihr mitgeteilt worden, dass nunmehr der Kläger alleiniger Eigentümer der Wohnung sei. Da vom Kläger im Jahr 2014 keine aktuelle Vermietungsvereinbarung eingereicht worden sei und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine reine Kapitalanlage vorgelegen hätten, sei schon mit Bescheid vom 26. Juni 2014 die Zweitwohnungssteuer für das Jahr 2014 festgesetzt worden. Selbst wenn die vom Kläger übersandte Vermietungsvereinbarung vom 1. November 2011 wirksam sein sollte, bestehe die Pflicht zur Zahlung von Zweitwohnungssteuer, da die Vereinbarung die Eigennutzung nicht ausschließe. Die vom Kläger übersandte Korrespondenz mit der Q. zeige, dass diese vor einer verbindlichen Vermietung der Wohnung jeweils angefragt habe, ob die Wohnung im nachgefragten Zeitraum auch verfügbar sei. Dies spreche dafür, dass der Kläger jederzeit die Möglichkeit gehabt habe, die Wohnung selbst zu nutzen bzw. Familienangehörigen zur Verfügung zu stellen. Die Q. werbe sogar auf ihrer Internetpräsenz damit, dass Eigentümer die jeweilige Wohnung weiterhin selbst nutzen könnten. Auch die mit der Vermietungsservice X. GmbH geschlossene Vereinbarung biete Raum für die Eigennutzung der Wohnung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Zweitwohnungssteuerfestsetzung im Grundbesitzabgabenbescheid des Bürgermeisters der Beklagten vom 23. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Zweitwohnungssteuer ist die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt X. vom 7. September 1990 in der Fassung der 6. Änderungssatzung vom 17. Dezember 2010 (ZwStS). Gegen deren formelle und materielle Wirksamkeit sind rechtliche Bedenken weder erhoben noch sonst ersichtlich. Der angefochtene Bescheid erweist sich, soweit darin Zweitwohnungssteuer in Höhe von 659,30 EUR festgesetzt ist, als rechtmäßig. Die in der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten bestimmten Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungssteuer lagen vor.

Der Kläger war Inhaber einer Zweitwohnung in X. i.S.v. § 2 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 3 Abs.1 und 2 ZwStS. Bei der Wohnung „B.-Straße 55, WG Nr. 4“ in X. handelt es sich um eine Zweitwohnung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZwStS), denn der Kläger ist melderechtlich nicht mit einer Hauptwohnung in X. gemeldet. Der Kläger ist auch (Mit-)Inhaber dieser Zweitwohnung (§ 2 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 3 Abs.1 und 2 ZwStS). Das Tatbestandsmerkmal des „Innehabens“ einer Zweitwohnung ist, da es sich bei der Zweitwohnungssteuer um eine Aufwandsteuer handelt, anhand der Anforderungen, die sich aus Art. 105 Abs. 2a des Grundgesetzes (GG) ergeben, auszulegen. Danach erfassen örtliche Aufwandsteuern (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung; sie besteuern also die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 -, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 65, 325; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 10. Oktober 1995 – 8 C 40.93 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1997, 86, vom 30. Juni 1999 – 8 C 6.98 -, NVwZ 2000, 204, vom 26. September 2001 – 9 C 1.01 – NVwZ 2002, 728, vom 27. Oktober 2004 – 10 C 2.04 -, NVwZ 2005, 828, vom 13. Mai 2009 – 9 C 8.08 -, NVwZ 2009, 1172 und vom 15. Oktober 2014 – 9 C 5.13 -, NVwZ 2015, 376.

Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahin gehende Bestimmung des Verwendungszweckes der Zweitwohnung voraus. Eine solche Festlegung kann nur derjenige treffen, der für eine gewisse Dauer rechtlich gesichert über die Nutzung der Wohnung verfügen kann. Er muss entsprechend seinen Vorstellungen zur persönlichen Lebensführung selbst bestimmen können, ob, wann und wie er die Wohnung nutzt, ob und wann er sich selbst darin aufhalten oder sie anderen zur Verfügung stellen will. Dabei ist darauf abzustellen, dass Inhaber einer steuerpflichtigen Zweitwohnung nur der Eigentümer, Mieter oder sonst Nutzungsberechtigte sein kann. Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 C 8.08 – a.a.O. unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – a.a.O.

Diese – dem Wesen der Aufwandsteuer geschuldete – Entscheidungsfreiheit besteht nicht bei einer rein tatsächlichen, rechtlich nicht gesicherten Möglichkeit der Nutzung. Vielmehr muss der Nutzer dann damit rechnen, dass die Nutzung ihm jederzeit entzogen werden kann, er es jedenfalls nicht in der Hand hat, die Wohnung seinem Willen entsprechend tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 C 8.08 – a.a.O.

Nach Maßgabe dessen gilt hier Folgendes:

Der Kläger konnte im Jahr 2015 rechtlich gesichert über die Nutzung der Wohnung zumindest (mit-)verfügen, da sie in seinem Alleineigentum stand. Hieran ändert der Umstand, dass der Vater des Klägers gemäß Teil A § 4 Abs. 1 des zwischen ihnen am 4. Juli 2013 geschlossenen Schenkungsvertrags ein quotales Nießbrauchsrecht in Höhe von 50% an der Eigentumswohnung innehatte, nichts. Wird gemäß § 1030 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein Nießbrauch an Wohnungseigentum bestellt, vgl. zur Anwendbarkeit der Vorschriften über den Nießbrauch an Sachen auf das Wohnungseigentum: Bassenge, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1068 Rn. 1, kann allerdings der Nießbraucher Inhaber einer Zweitwohnung im aufwandsteuerrechtlichen Sinne sein. Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2009 – 9 C 8.08 – a.a.O.

Denn dem Nießbraucher steht gemäß § 1030 Abs. 1 BGB das Recht zu, alle Nutzungen der Sache zu ziehen, d.h. ihm gebühren alle Vorteile, die der Gebrauch der Sache gewährt. Damit fallen Eigentum und Nutzungsrecht auseinander. Der Eigentümer kann zwar aufgrund seiner Rechtsposition trotz des Nutzungsrechts des Nießbrauchers über die Eigentumswohnung etwa durch Veräußerung verfügen. Die Nutzung verbleibt jedoch bei dem Nießbraucher. Etwas anderes gilt indessen, wenn es sich – wie hier – um einen sogenannten Quotennießbrauch handelt. Ein solcher Quotennießbrauch setzt voraus, dass das Eigentum allein einer Person zusteht und der zugunsten eines Dritten eingeräumte Nießbrauch nach § 1030 Abs. 2 BGB in zulässiger Weise dahin eingeschränkt ist, dass dem Nießbraucher von den Nutzungen nur ein quotaler Anteil zusteht. Vgl. zum Quotennießbrauch: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 392/02 -, Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR) 2003, 1170; Bassenge, in: Palandt, § 1030 Rn. 5.

In diesem Fall besteht zwischen Eigentümer und Nießbraucher bezüglich der Nutzungsberechtigung eine Nutzungs- und Verwaltungsgemeinschaft, auf die die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der §§ 741 ff. BGB Anwendung finden. Vgl. Bassenge, in: Palandt, § 1030 Rn. 5.

Gemäß § 743 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Damit geht Teil A § 5 Satz 2 des Schenkungsvertrags konform. Danach ist durch den Beschenkten eine etwaige Vermietung des Vertragsgegenstands über die Dauer des Nießbrauchsrechts hinaus im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen hinzunehmen. Da allein der hälftige Miteigentumsanteil Vertragsgegenstand ist – vgl. Teil A § 4 Abs. 1 Satz 1 des Schenkungsvertrags -, bezieht sich die genannte Duldungspflicht nur auf diesen Anteil. Mithin bestand für den Kläger im Jahr 2015 gegenüber seinem Vater eine rechtlich gesicherte Möglichkeit, die Eigentumswohnung zu nutzen; beide waren berechtigt, den Verwendungszweck der Wohnung zu bestimmen, und somit Inhaber der Wohnung im Sinne der Zweitwohnungsteuersatzung. Der Kläger hielt die Wohnung im Jahr 2015 ferner nicht als reine Kapitalanlage vor, sondern hatte diese – jedenfalls auch – für Zwecke der persönlichen Lebensführung inne. Nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG darf nur der konsumtive Aufwand für Zwecke der persönlichen Lebensführung Gegenstand der Besteuerung sein, so dass eine steuerpflichtige Zweitwohnung dann nicht vorliegt, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes. Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 1995 – 8 C 40.93 – a.a.O., vom 27. Oktober 2004 – 10 C 2.04 – a.a.O. und vom 15. Oktober 2014 – 9 C 5.13 – a.a.O. sowie Beschlüsse vom 2. Juni 1997 – 8 B 113.97 – (juris) und vom 26. Juli 2005 – 10 B 48.05 -, Die Öffentliche Verwaltung (DÖV) 2005, 961.

Für die Abgrenzung kommt es nicht auf die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch den Wohnungsinhaber an. Es genügt vielmehr, wenn dieser die Zweitwohnung für Zwecke der eigenen Lebensführung oder derjenigen seiner Angehörigen vorhält und sich somit die Möglichkeit der Eigennutzung offenhält. Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 1995 – 8 C 40.93 – a.a.O., vom 30. Juni 1999 – 8 C 6.98 – a.a.O. und vom 26. September 2001 – 9 C 1.01 – a.a.O.

Zwischen einer als reine Kapitalanlage genutzten Zweitwohnung und einer solchen, die zumindest auch Zwecken der persönlichen Lebensführung dient, ist anhand der subjektiven Bestimmung des Verwendungszwecks zu differenzieren. Hierfür ist jedoch nicht die – unüberprüfbare – innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers entscheidend. Vielmehr ist diese innere Tatsache im jeweiligen Einzelfall auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände zu beurteilen. Vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 1995 – 8 C 40.93 – a.a.O. und vom 15. Oktober 2014 – 9 C 5.13 – a.a.O.

Dabei kann die steuererhebende Gemeinde zunächst von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die – wie etwa die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets, der Abschluss eines Dauermietvertrags, die Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen usw. – diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits gegebenenfalls entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wiederherstellen. Vgl. dazu grundlegend: BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 – 8 C 40.93 – a.a.O. und im Ergebnis ebenso Urteil vom 15. Oktober 2014 – 9 C 5.13 – a.a.O.

Nach diesen Maßgaben hat der Kläger die streitgegenständliche Wohnung im Jahr 2015 auch für Zwecke der eigenen Lebensführung innegehabt, weil die dahingehende tatsächliche Vermutung vom Kläger nicht entkräftet worden ist. Für die tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zum Zwecke der persönlichen Lebensführung sprechen zunächst die vom Kläger eingereichten Vertragsunterlagen, denen im Rahmen der Gesamtwürdigung indizielle Bedeutung zukommt. Vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2008 – 9 C 16.07 – (juris) in Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 18. November 2009 – 4 B 08.1652 – (juris).

Dies gilt zunächst für die Vermittlungsvereinbarung vom 1. November 2011. Diese ist – wie der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Februar 2015 zutreffend ausführt – wirksam zwischen dem Kläger und dessen Vater auf der einen Seite und der Q. auf der anderen Seite zustande gekommen. Denn die von der Q. vorausgefüllte und unterschriebene Vermittlungsvereinbarung stellt einen Antrag im Sinne von § 145 BGB dar. Der Beklagten ist insofern darin zuzustimmen, dass in den Vertragsunterlagen handschriftliche Veränderungen vorgenommen worden sind. So wurde in der Zeile „Name“ der Vorname M. gestrichen. Zudem sind die Namen der Inhaber des durch die Provision zu belastenden Kontos – von „Frau M. “ in „S. u. N1.“ – sowie die Bankverbindung geändert worden. In der Unterschriftenzeile ist ebenfalls der Vorname „M. “ durch die Buchstabenkombination „S. + N1.“ ausgetauscht worden. Unterschrieben worden ist das Dokument insofern nur von einer Person. Hierbei handelt es sich ausweislich des an die W. gerichteten Schreibens vom 13. Februar 2012 um die Unterschrift des Vaters des Klägers.

In rechtlicher Hinsicht gilt die abändernde Annahme als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag, vgl. § 150 Abs. 2 BGB. Diesen neuen Antrag hat die W. augenscheinlich zumindest konkludent angenommen. Dies zeigt bereits die vom Kläger selbst übersandte Emailkorrespondenz, aus der sich der Vollzug des Vertrages offensichtlich ergibt. In diesen Vertrag war auch der Kläger eingebunden. Das folgt aus dem Gesamtzusammenhang der Vertragsurkunde. Zwar ist nach den handschriftlichen Änderungen in der Vertragsurkunde unter der Rubrik „Eigentümer“ lediglich der Name „J. “ eingefügt. Jedoch findet der vollständige Name des Klägers bei der eingetragenen Bankverbindung Erwähnung und die Unterschriftenzeile trägt zumindest das Initial seines Vornamens. Mangels entgegenstehender Angaben war der Vater des Klägers von diesem auch zur Abgabe der Willenserklärung bevollmächtigt, §§ 164 Abs. 1, 167 Abs. 1 BGB. Der Umstand, dass der Vater des Klägers im Jahr 2015 nicht mehr Miteigentümer der Wohnung war, ist insofern rechtlich ohne Belang, denn der Kläger ist in der Eigentumsposition verblieben. Ungeachtet dessen beeinflussen die Eigentumsverhältnisse an der Wohnung die schuldrechtliche Ausgestaltung der Vermittlungsvereinbarung aufgrund des Abstraktionsprinzips nicht.

Inhaltlich gewährt der wirksam geschlossene Vertrag dem Kläger und seinem Vater die Eigennutzung, denn diese wird nicht explizit ausgeschlossen. So heißt es in dem Vertrag lediglich: „Vermittlung von Gästen durch den Eigentümer sind natürlich möglich. Die Buchungsabwicklung läuft dann über Q. X. .“

Diese Vertragsklausel ermöglicht es dem Kläger und seinem Vater, die streitgegenständliche Wohnung in Eigenregie Mietinteressenten anzubieten. Die Buchung der Wohnung hat dann über das Buchungsportal der Q. X. zu erfolgen. Die Möglichkeit der Eigennutzung durch den Kläger oder seinen Vater wird hierdurch rechtlich nicht ausgeschlossen. Unabhängig von der Frage der rechtlichen Bedeutung der Vertragsabwicklung für die Auslegung desselben folgt dies auch aus der vom Kläger übersandten Emailkorrespondenz. Danach sind die von Mietinteressenten an die Q. gerichteten Anfragen zunächst an die Emailadresse des Vaters des Klägers gerichtet worden, um in Erfahrung zu bringen, ob die Wohnung während der angefragten Zeiträume frei sei. Die Anfragen wurden jeweils zeitnah – bejahend – beantwortet. Dieses Vorgehen ergibt nur dann Sinn, wenn dem Kläger das Recht eingeräumt war, selbstständig über die Wohnungsbelegung zu verfügen. Daher ist auch das Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren, die Information durch die Q. hinsichtlich der erfolgten Reservierungen habe lediglich dem Zweck gedient, den Eigentümer zu informieren, nicht mit den eingereichten Unterlagen in Übereinstimmung zu bringen. Die dargelegte Vertragsabwicklung stimmt ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Ausdrucke auch mit der auf der Internetpräsenz der Q. veröffentlichen Bewerbung der Unternehmenstätigkeit überein. So wird dort unter anderem mitgeteilt:

„Sie sind Eigentümer einer Ferienwohnung oder eines Hauses in X. oder Umgebung? Sie nutzen Ihre Ferienwohnung bisher nur selbst, oder haben auch an Bekannte, Familie und sonstige Gäste vermietet? Das können Sie auch weiterhin gerne tun. Wir arbeiten mit Ihnen zusammen, und versuchen gemeinsam eine möglichst hohe Belegung zu erreichen!“

Auch danach bleibt dem Eigentümer die Möglichkeit der Eigennutzung an der jeweiligen Immobilie erhalten. Hiervon ist im Übrigen auch der Kläger selbst ausgegangen, denn im gerichtlichen Verfahren hat er mitgeteilt, die Möglichkeit, die Wohnung für die eigene oder für die Erholung von Angehörigen zu nutzen, habe (theoretisch) immer bestanden. Unabhängig davon hatte der Kläger, vertreten durch seinen Vater, im Erklärungsbogen der Beklagten vom 13. Dezember 2014 ausdrücklich angegeben, es bestehe die Möglichkeit der Eigennutzung.

Dahingestellt bleiben kann, ob die unterjährigen tatsächlichen Veränderungen in Form der Kündigung des Vermittlungsvertrages mit der Q. am 23. Juni 2015 und der unter dem 1. August 2015 erfolgte Abschluss einer Vermietungsvereinbarung mit der Vermietungsservice X. GmbH im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung berücksichtigungsfähig sind oder ob der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist insofern anerkannt, dass bei der Beurteilung der Begründetheit einer Klage auf die Sach- und Rechtslage abzustellen ist, auf die es nach dem Streitgegenstand und dem darauf anwendbaren materiellen Recht für die Entscheidung ankommt. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes. Vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 6 C 15.04 -, Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 2006, 614 und Beschluss vom 6. März 2003 – 9 B 17.03 – (juris) sowie zu abgabenrechtlichen Besonderheiten Urteil vom 25. November 1981 – 8 C 14.81 -, DÖV 1982, 544.

Ob das einschlägige materielle Recht, insbesondere § 5 Abs. 1 und 2 ZwStS, ein Abweichen von der vorgenannten Regel verlangt mit der Folge, dass maßgeblich auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre, bedarf keiner Entscheidung, denn auch in diesem Fall sprechen die vom Kläger eingereichten Vertragsunterlagen für die tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zum Zwecke der persönlichen Lebensführung. Die mit der Vermietungsservice X. GmbH geschlossene Vermietungsvereinbarung regelt in Ziffer 3.4:

„Unter Nutzung des Eigentümer-login oder auf eine andere, vom Vermietungsservice X angebotene Weise kann der Eigentümer den Belegungskalender einsehen, Perioden sperren und Abrechnungen einsehen.“

Ergänzt wird diese Klausel durch Ziffer 3.5:

„Dem Eigentümer ist bekannt, dass eine Weitervermietung oder Selbstnutzung außerhalb der Regelung mit dem Vermietungsservice X nicht möglich ist.“

Durch die eingeräumte Option, Perioden – beispielsweise durch das Eigentümer-login – zu sperren, wird dem Eigentümer des jeweiligen Objekts und damit auch dem Kläger gestattet, für bestimmte Zeiträume selbst über die Nutzung der Wohnung zu bestimmen und diese selbst zu nutzen. Nichts Gegenteiliges folgt aus der vom Kläger und seinem Vater unterschriebenen undatierten sogenannten „Versicherung an Eides statt (§ 156 Strafgesetzbuch)“, die als Anlage dem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 28. Oktober 2015 beigefügt war. Diese hat folgenden Wortlaut:

„[Ich] werde meine Ferienwohnung / meine Ferienwohnungen ganzjährig durch den Vermietungsservice X. GmbH an Feriengäste vermieten lassen. Sollte eine Eigennutzung durch mich stattfinden, werde ich den offiziellen Tagesmietpreis an den Vermietungsservice X. GmbH bezahlen. Von der Zahlung der Zweitwohnungssteuer werde ich durch die Stadt X. befreit.“

Diese Erklärung berührt die zwischen dem Kläger und der Vermietungsservice X. GmbH geschlossene vertragliche Vereinbarung ersichtlich nicht. Dies folgt schon daraus, dass es sich bei der sogenannten „Versicherung an Eides statt“ lediglich um eine einseitige Verlautbarung handelt, die nicht zur Änderung eines zuvor geschlossenen Vertrags führt. Darüber hinaus ist die sogenannte „Versicherung an Eides statt“ nicht gegenüber der Vermietungsservice X. GmbH als Vertragspartnerin, sondern gegenüber der Beklagten abgegeben worden. Ungeachtet dessen erfüllt die sogenannte „Versicherung an Eides statt“ nicht ansatzweise die für eine solche Erklärung zwingend vorgesehenen formalen Voraussetzungen (§ 27 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen – VwVfG NRW -). Selbst wenn diese jedoch erfüllt wären, hätte dies rechtlich nicht zur Folge, dass die Möglichkeit der Eigennutzung für den Kläger ausgeschlossen wäre. Denn die maßgebliche vertraglich bindende Vereinbarung würde eine solche Eigennutzung weiterhin erlauben. Vielmehr zöge der Verstoß gegen eine formal wirksame Versicherung an Eides statt lediglich strafrechtliche Konsequenzen nach sich (§ 156 des Strafgesetzbuches – StGB-).

Auch im Übrigen hat der Kläger die zugunsten der Beklagten bestehende tatsächliche Vermutung, das Objekt werde zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten, nicht erschüttert. Das – unter Beweis gestellte – Vorbringen des Klägers, er habe die Wohnung in X. nie genutzt und die geäußerte Absicht, diese auch in Zukunft nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, reichen als bloße Äußerungen einer subjektiven Vorstellung nicht aus, die Vermutung des Vorhaltens (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung zu erschüttern. Soweit der Kläger darüber hinaus vorträgt, die Wohnungseigentümerversammlung habe aufgrund des vermeintlichen Mehraufwands einer Vermietung als Ferienwohnung zuletzt eine Erhöhung der Vorauszahlungen beschlossen, ist nicht ersichtlich, wie dieser Einwand die vorgenannte Vermutung erschüttern könnte. Das gleiche gilt für die vom Kläger vorgelegten Bescheide des Finanzamtes C. vom 9. Januar 2015, denn diese beziehen sich allein auf die in den Jahren 2012 bzw. 2013 erfolgte gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und haben bereits daher keinen Bezug zum hier maßgeblichen Besteuerungszeitraum des Jahres 2015. Ungeachtet dessen ist für die Festsetzung der Zweitwohnungssteuer rechtlich ohne Belang, inwiefern die zuständigen Finanzbehörden im Rahmen der Ermittlung der Einkommensteuer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigen, denn die Zweitwohnungssteuerpflicht wird allein durch die Satzung der Beklagten geregelt. Danach kommt es ausschließlich auf ein Innehaben der Wohnung im zweitwohnungssteuerrechtlichen Sinne an.

Aus welchen Gründen die Beklagte schließlich in der Vergangenheit gegenüber dem Kläger keine Zweitwohnungssteuer erhoben hat, ist für das Veranlagungsjahr 2015 ohne rechtliche Bedeutung. Letztlich hat die Beklagte die Höhe der Zweitwohnungssteuer ohne Rechtsfehler zu Lasten des Klägers ermittelt. Sie hat von der vom Finanzamt Brilon mit Einheitswertbescheid vom 26. Januar 1981 festgestellten Jahresrohmiete von (1.649,00 DM =) 843,12 EUR lediglich (1.589,00 DM =) 812,44 EUR in Ansatz gebracht (vgl. § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 1 und 2 ZwStS) und diesen Betrag gemäß § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 ZwStS für das Jahr 2015 – mangels entgegenstehender Angaben – zutreffend hochgerechnet. Sodann hat sie unter Anwendung des Steuersatzes von 15% (§ 5 ZwStS) rechtsfehlerfrei den Steuerbetrag auf 659,30 EUR festgesetzt.