Nachfolgend ein Beitrag vom 3.9.2018 von Geserich, jurisPR-SteuerR 35/2018 Anm. 4
Leitsätze
1. Unterhaltsleistungen können nur insoweit nach § 33a Abs. 1 EStG zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Veranlagungszeitraum der Unterhaltszahlung zu dienen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
2. Liegen die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG nur für einige Monate des Jahres der Unterhaltszahlung vor, muss der Unterhaltshöchstbetrag des § 33a Abs. 1 EStG gemäß § 33a Abs. 3 Satz 1 EStG entsprechend aufgeteilt werden.
A. Problemstellung
Streitig ist, in welchem Umfang zum Jahresende geleistete Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 machten die Kläger eine im Dezember 2010 an den in Brasilien lebenden Vater der Klägerin geleistete Zahlung in Höhe von 3.000 Euro als Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG geltend. Das Finanzamt ließ hiervon nur 1/12 für den Monat Dezember 2010 zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zu.
Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, die Unterhaltsaufwendungen könnten entgegen der Rechtsprechung des BFH auch berücksichtigt werden, soweit sie für einen Zeitraum über den Wechsel des Kalenderjahres hinaus geleistet worden seien. Der Höchstbetrag gemäß § 33a Abs. 3 EStG sei in einem solchen Fall nicht anteilig zu kürzen. Vorliegend beziehe sich die Unterhaltszahlung wirtschaftlich auf den Zeitraum bis zur nächsten Zahlung, die im Mai 2011 erfolgte, also auf die Monate Dezember 2010 bis April 2011. Daher seien weitere 4/12 im Streitjahr als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. (FG Nürnberg, Urt. v. 13.07.2016 – 5 K 19/16 – EFG 2016, 1527).
Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Das Finanzgericht habe die auf die Monate Januar 2011 bis April 2011 entfallenden Unterhaltsleistungen zu Unrecht im Streitjahr (Zahlungsjahr) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.
C. Kontext der Entscheidung
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.004 Euro im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Allerdings ermäßigen sich die in § 33a Abs. 1 und Abs. 2 EStG bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem die dort bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben (§ 33a Abs. 3 Satz 1 EStG). Deshalb können nach ständiger Rechtsprechung des BFH Unterhaltsleistungen nur insoweit nach § 33a Abs. 1 EStG zum Abzug zugelassen werden, als die Aufwendungen dazu bestimmt und geeignet sind, dem laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsempfängers im Streitjahr zu dienen. Dabei können auch gelegentliche, z.B. nur ein- oder zweimalige Leistungen im Jahr, Aufwendungen für den „laufenden“ Unterhalt i.S.d. § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG sein (BFH, Urt. v. 05.09.1980 – VI R 75/80 – BStBl II 1981, 31; BFH, Urt. v. 02.12.2004 – III R 49/03 – BStBl II 2005, 483; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 19/2005 Anm. 5).
An dieser Rechtsprechung des III. Senats des BFH hält der erkennende VI. Senat fest. Daraus folgt zum einen, dass eine Rückbeziehung der Zahlung auf einen vor dem Monat der Zahlung liegenden Zeitraum grundsätzlich ausgeschlossen ist (BFH, Urt. v. 09.08.1991 – III R 63/89 – BFH/NV 1992, 101 m.w.N.; BFH, Urt. v. 05.05.2010 – VI R 40/09 – BStBl II 2011, 164; sog. Rückbeziehungsverbot). Denn die Befriedigung der „laufenden“ Bedürfnisse durch eine erst in der Zukunft liegende Zahlung ist in der Regel nicht möglich.
D. Auswirkungen für die Praxis
Anderes kann allenfalls bei einer erstmaligen Unterhaltsleistung des Steuerpflichtigen gelten, wenn diese zur Abtragung entsprechender, durch die Bestreitung der „laufenden“ Bedürfnisse des Unterhaltsempfängers entstandener Schulden verwandt werden soll (BFH, Urt. v. 22.05.1981 – VI R 140/80 – BStBl II 1981, 713; BFH, Urt. v. 13.02.1987 – III R 196/82 – BStBl II 1987, 341; BFH, Urt. v. 09.08.1991 – III R 63/89 – BFH/NV 1992, 101). Zum anderen sind danach Unterhaltsaufwendungen, soweit sie zur Deckung „laufender“ Bedürfnisse des Unterhaltsempfängers nach Ablauf des Veranlagungszeitraums geleistet werden, nicht zu berücksichtigen (sog. Vorausbeziehungsverbot). Das ist dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung geschuldet. Folglich kann sich eine einmalige Unterhaltszahlung, z.B. wie im Streitfall im Monat Dezember, gemäß § 33a Abs. 1, Abs. 3 EStG grundsätzlich im Jahr der Zahlung nur monatsanteilig – hier mit 1/12 des Jahresbetrags – auswirken. Der auf das Folgejahr oder vergangene Zeiträume entfallende Anteil „geht steuerlich verloren“. Damit einhergehende Härten sieht der BFH als zumutbar an. Denn der Steuerpflichtige habe es selbst in der Hand, durch die Wahl des Zahlungszeitpunkts die Abziehbarkeit seiner Unterhaltsleistungen in voller Höhe sicherzustellen.
E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Bei Unterhaltszahlungen an – wie im Streitfall – nicht unbeschränkt steuerpflichtige Empfänger bestimmt § 33a Abs. 1 Satz 6 HS. 1 EStG zusätzlich, dass die Aufwendungen nur abgezogen werden dürfen, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind. Der Höchstbetrag von 8.004 Euro mindert sich danach bei Aufwendungen für den Unterhalt von in Brasilien lebenden unterhaltsberechtigten Personen auf 1/2 je unterhaltener Person (vgl. hierzu BFH, Urt. v. 09.03.2017 – VI R 33/16 – BFH/NV 2017, 1042; BFH, Urt. v. 07.05.2015 – VI R 32/14 – BFH/NV 2015, 1248; Anm. Bergkemper, jurisPR-SteuerR 46/2011 Anm. 4; für das Streitjahr vgl. BMF-Schreiben v. 06.11.2009 – BStBl I 2009, 1323).
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