OLG Frankfurt, Urteil vom 10. Juni 2015 – 2 U 201/14 –, juris

Leitsatz

Die Forderung unstreitig nicht geschuldeter Vermögensvorteile als Voraussetzung für die unstreitig geschuldete Räumung und Herausgabe eines Mietobjekts kann eine Erpressung des Vermieters durch den Mieter sowie seine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung begründen. Die aufgrund dessen getroffene Vereinbarung über die Gewährung der geforderten Vermögensvorteile kann wegen widerrechtlicher Drohung anfechtbar sein, wenn durch die Ankündigung, das Mietobjekt ansonsten nicht herauszugeben, für den Vermieter eine Zwangslage geschaffen wurde. Das Verfassen des Anwaltsschreibens, in dem die unberechtigte Forderung erhoben wird, kann als Beteiligung des Rechtsanwalts an dieser Handlung und demzufolge zu seiner Mithaftung auf Erstattung der seitens des Mieters erlangten Vermögensvorteile führen.


Anmerkung: Das kürzlich veröffentlichte Urteil des OLG Frankfurt schiebt der immer häufiger anzutreffenden unerträglichen Frechheit einiger Anwälte einen deutlichen Riegel vor. Beklagter in dem Verfahren war ein Rechtsanwalt. Ausdrücklich zu begrüßen ist die hier wiedergegebene Entscheidung auch bereits deswegen, weil sie das Verhalten der Mieterin und deren Anwalts als das benennt, was es war – nämlich Erpressung – und zwar nicht nur im landläufigen Wortsinne, sondern in strafrechtlich bedeutsamen Sinne. Leicht verbrämt werden derartige Zahlungen oftmals auch als sog. „Lästigkeitsprämien“ bezeichnet. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit sich diese mutige Rechtsprechung in dem Rechtsgebiet des (vornehmlich gewerblichen) Mietrechts durchsetzen wird. Mehr und mehr Geschädigte derartiger erzwungener Vereinbarungen werden jetzt Rückforderungsansprüche erheben, deren Durchsetzung gegenüber den früheren Mietern oftmals bereits deswegen unterblieben ist, weil diese schlichtweg vermögenslos waren. In dem anwaltlichen Vertreter allerdings, der sich an dieser Erpressung aktiv beteiligt, hat der Vermieter (in der Regel) einen zumindest solventeren Schuldner, bei dem es sich auch lohnt, wiederum Geld für die Durchsetzung der Ansprüche „in die Hand zu nehmen“.

Ich halte das Urteil auch auf andere Sachverhalte beispielsweise im Bereich des Familienrechts, des Erbrechts und des Gesellschaftsrechts für übertragbar, also in solchen Bereichen, in denen teilweise hoch streitige Auseinandersetzungen geführt werden und Rechtspositionen bezogen werden, ausschließlich um bei dem Gegenüber eine Zwangslage zu schaffen, aus der heraus dieser bereit gemacht werden soll, Zahlungen zu leisten oder sonstige Zugeständnisse zu machen. Ich sehe hier beispielsweise erhebliches Potential, um dem seit JAhren herrschenden Unwesen sog. „räuberischer Aktionäre“ ein Ende zu machen. Hierbei handelt es sich um Kleinstaktionäre, die durch die Erhebung von aussichtslosen Anfechtungsklagen (mit aufschiebender Wirkung) versuchen, finanzielle Vorteile zu erzielen. Die Finanzgerichte haben dieses Gebaren mittlerweile als unternehmerische Tätigkeit qualifiziert, „denn aufgrund ihrer Beteiligung an einer Vielzahl von Aktiengesellschaften, die offenkundig dazu diente, durch Einlegung von Rechtsbehelfen usw. im weitesten Sinne aus diesen Beteiligungen Kapital zu schlagen, wird die Absicht indiziert, wiederholt in gleicher Weise wie im Fall der X-AG steuerbare Umsätze zu bewirken. (Quelle: Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. November 2010 – 7 K 2182/06 B –, juris).

Die unternehmerische Tätigkeit besteht also in „gewerbsmäßiger Erpressung“. Rechtsanwälte, die derartige Aktionäre vertreten, laufen also Gefahr, persönlich auf Rückzahlung der teilweise exorbitanten Abstandszahlungen, die den Aktienwert um ein Vielfaches überschreiten, in Anspruch genommen zu werden – und das ist auch gut so!


Aus den Entscheidungsgründen

„Der Beklagte hat sich vorsätzlich mindestens an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die bereits durch das Urteil des Oberlandesgerichts vom 17.5.2013 (…/13) verurteilte Frau A beteiligt. Dabei hat Frau A zugleich vorsätzlich den Tatbestand der Erpressung verwirklicht.
Der Beklagte haftet für diese Handlungen. Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Dabei stehen Anstifter und Gehilfen einem Mittäter gleich (§ 830 Abs. 1, 2 BGB). Der Beklagte war seinerzeit aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher Vertreter der damaligen Pächterin über sämtliche relevanten Umstände informiert und hat die Gesellschafterin der vormaligen Pächterin bei den Verhandlungen mit dem Kläger aktiv umfassend anwaltlich vertreten. Es hätte ihm seiner Mandantin gegenüber frei gestanden, ein Tätigwerden in dem konkreten Umfang zu unterlassen und sich auf die anwaltliche Vertretung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu beschränken. Das tatsächliche Geschehen bis hin zur Übergabe des Geldes durch den Kläger an Frau A entsprach insgesamt den vorangegangenen Vorstellungen des Beklagten, wie sie in dem von ihm verfaßten Anwaltsschreiben vom 18.9.2012 zum Ausdruck kamen.
Frau A hat dem Kläger seinerzeit mit einem empfindlichen Übel gedroht, auf dessen Eintritt sie Einfluß hatte, was sie auch mitteilte, indem sie dem Kläger gegenüber androhte, die damalige Pächterin, für welche sie handelte, werde ihrer aufgrund der wirksamen fristlosen Kündigung fälligen Pflicht zur Räumung und Herausgabe des damaligen Pachtobjekts C in Stadt1 an ihn nur dann nachkommen, wenn der Kläger die von ihr mit Schriftsatz des Beklagten vom 18.9.2012 in ihrem Namen vorgeschlagene Vereinbarung unterzeichnete; mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung sollte er erklären, auf sämtliche offenen Pachtzinsforderungen zu verzichten und sich zudem verpflichten, Frau A die Kaution von 3.400,- € und den Betrag der von der vormaligen Pächterin seinerzeit gezahlten Maklercourtage von 4.650,- € netto zu erstatten.
Frau A hatte dem Kläger mit der Ankündigung, das Objekt vorerst nicht zu räumen und herauszugeben, ein empfindliches Übel in Aussicht gestellt. Denn sofern der Kläger das Pachtobjekt nicht zurückerhielt, konnte er es nicht weiter verwerten, insbesondere es nicht an den Erwerber des Objekts, an den er es bereits veräußert hatte, übergeben. Infolgedessen würden ihm erhebliche finanzielle Nachteile entstehen, etwa in Gestalt einer Verpflichtung, Schadenersatz zu leisten. Diese Umstände waren Frau A bekannt unabhängig davon, in welchem Maße sie über Einzelheiten des Veräußerungsgeschäfts zwischen dem Kläger und dem Erwerber informiert war. Ihre eigenen schlechten finanziellen Verhältnisse, die angeblich sie sowie die Pächterin bereits in der Vergangenheit gehindert hatten, die geschuldete Pacht zu bezahlen, und welche sie auch weiterhin daran hinderten, für den Verbleib in den Räumen Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB und gegebenenfalls weiteren Schadenersatz zu zahlen, waren ihr gleichfalls bekannt.
Der Einschätzung der Ankündigung, die Pachtsache einzubehalten, als Ankündigung eines empfindlichen Übels steht nicht entgegen, daß Frau A dies damit begründete, sie habe für ihr Kind und sich noch keine andere Unterkunft gefunden. Denn dies ändert nichts an dem Inaussichtstellen des empfindlichen Übels des Unterlassens der Räumung und Herausgabe des gesamten Pachtobjekts. Das Verbleiben in dem Objekt war rechtswidrig; nach wirksamer fristloser Kündigung hatte die Pächterin kein Besitzrecht an dem Pachtobjekt mehr, was ihren Gesellschafterinnen auch bekannt war. Frau A war auch nicht ausnahmsweise an einer Räumung tatsächlich gehindert, da sie kurzfristig noch keine andere Wohnung hätte finden können. Hierfür bestanden und bestehen keinerlei konkrete Anhaltspunkte. Der Beklagte hat auch weiterhin nichts dazu vorgetragen, daß und gegebenenfalls aus welchem Grund Frau A seinerzeit noch keine andere Wohnmöglichkeit gefunden hätte. Insoweit sind niemals auch nur irgendwelche Bemühungen, eine andere Wohnmöglichkeit zu finden, gegebenenfalls auch über das Wohnungsamt, vorgetragen worden. Frau A oder die damalige Pächterin hatte auch niemals gerichtlich eine Räumungsfrist beantragt, sofern eine solche Frist im Rahmen des insgesamt als gewerbliches Verhältnis zu qualifizierenden Pachtverhältnisses überhaupt in Betracht gekommen wäre. Darüber hinaus bestand jedenfalls keinerlei Grund, nicht nur die Wohnung, sondern das gesamte Pachtobjekt einschließlich Hotel und Restaurant nicht herauszugeben, was einen Schaden für den Kläger gegebenenfalls hätte begrenzen können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß ein Verpächter nach der gesetzlichen Regelung gehindert ist, sich nach einer wirksamen Kündigung selbst wieder in den Besitz des Pachtobjekts zu setzen, und er statt dessen einen Herausgabetitel erwirken und diesen mangels freiwilliger Räumung durch den Schuldner auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg nur durch Inanspruchnahme staatlicher Vollstreckungsorgane durchsetzen kann. Das gesetzliche Verbot der eigenmächtigen Durchsetzung einer Rechtsposition hat nicht zur Folge, daß der rechtswidrige Einbehalt des an sich herauszugebenden Besitzes rechtmäßig würde.
Unerheblich ist auch, welche Verzögerung in der Weiterverwertung des Objekts durch den Kläger aufgrund der Weigerung der Pächterin und ihrer Gesellschafterinnen, das Pachtobjekt herauszugeben, eintreten würde. Denn bereits eine geringfügige Verzögerung um wenige Monate erschien für den Kläger als ein empfindliches Übel. Zudem hatte Frau A bereits mit Anwaltsschreiben des Beklagten vom 24.8.2012 gerade darauf hinweisen lassen, daß es zu einem Räumungsrechtsstreit mit weiteren Kosten kommen könne. Dies erweckte für den Kläger den Anschein, daß Frau A das Objekt nicht nur gegenwärtig nicht räumen und herausgeben würde, sondern daß es für den Kläger auch erforderlich sein würde, sich einen Räumungstitel zu verschaffen und diesen durch die Veranlassung von Vollstreckungsmaßnahmen durchzusetzen. Die Durchführung eines Räumungsrechtsstreits erfordert eine Mindestdauer von jedenfalls mehreren Monaten, bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung erster Instanz gegebenenfalls einen noch erheblich längeren Zeitraum. Ein erstinstanzliches Urteil wäre gegebenenfalls nur gegen Sicherheitsleistung des Klägers vorläufig vollstreckbar gewesen (§ 708 Nr. 7 ZPO; vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2008, 1029). Diese Folge ergibt sich bereits aus dem faktischen Innehaben des Pachtobjekts durch die Pächterin. In dem genannten anwaltlichen Schriftsatz stellte der Beklagte im Namen von Frau A eine Verknüpfung des Inaussichtstellens eines Räumungsrechtsstreits mit der bereits am 23.7.2012 erfolgten Veräußerung des Pachtobjekts her. Damit wurden gerade die für den Kläger infolge der Veräußerung in besonderem Maße drohenden Nachteile in Gestalt von Schadenersatzansprüchen des Erwerbers herausgestellt, die sich infolge des Erfordernisses, einen Räumungstitel erwirken und durchsetzen zu müssen, deutlich erhöhen würden.
Frau A brachte den Kläger durch ihre Ankündigung im anwaltlichen Schriftsatz des Beklagten vom 24.8.2012, das Pachtobjekt zunächst nicht herauszugeben, in eine Zwangslage. Diese Zwangslage ergab sich nicht schon aus der Veräußerung des Objekts und der für den Kläger dadurch begründeten Pflicht, das Objekt an den Erwerber geräumt zu übergeben. Vielmehr entstand die Zwangslage gerade dadurch, daß Frau A als Gesellschafterin der Pächterin das Pachtobjekt nicht räumte und herausgab und dadurch dem Kläger die Erfüllung seiner Übergabepflicht vorerst unmöglich machte. Frau A stellte den Eintritt und die Fortdauer des Übels damit als von ihrem Willen abhängig dar. Die Drohung mußte nicht ausdrücklich erfolgen, auch eine versteckte Drohung ist tatbestandsmäßig. Weder höfliche Formulierungen noch die Verwendung von Argumenten, die ersichtlich keinen tatsächlichen Hintergrund haben und nur floskelhaft die vermeintliche Verständlichkeit der Weigerung der Herausgabe darstellen sollen, hindern den deutlich erkennbaren Charakter des Schreibens als Drohung. Dem Kläger, der nach dem Inhalt des Pachtvertrages und der erfolgten fristlosen Kündigung eine sofortige Herausgabe des Pachtobjekts erwarten durfte, wurde ein Nachteil in Aussicht gestellt, der ihn angesichts seiner Pflicht dem Erwerber gegenüber, das Objekt geräumt zu übergeben, in eine Zwangslage brachte (vgl. hierzu BGH, NJW 1995, 3052 f.; 1982, 384 f.; 2301 f.; Saarländisches OLG Saarbrücken, MDR 1999, 1313).
Frau A nötigte den Kläger durch ihre Drohung zum Abschluß der von ihr in dem anwaltlichen Schriftsatz des Beklagten vom 25.9.2012 geforderten Vereinbarung. Frau A erreichte den Abschluß der Vereinbarung vom 27.9.2012 und nachfolgend die Zahlung des Betrages von 8.050,- € durch den Kläger gerade durch die Ankündigung, sie und damit die Pächterin werde das Pachtobjekt anderenfalls entgegen ihrer Verpflichtung und damit rechtswidrig nicht räumen, so daß der Kläger auf das Erwirken eines Titels und dessen Durchsetzung angewiesen gewesen wäre, und damit gerade durch das Inaussichtstellen eines empfindlichen Übels.
Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger aufgrund eines Gesprächs mit den Gesellschafterinnen der damaligen Pächterin am 12.9.2012 selbst zunächst anbot, im Falle einer kurzfristigen Räumung des Objekts vollständig auf die offenen Pachtzinsansprüche zu verzichten. Denn Frau A hatte sich nicht auf die Annahme dieses Angebots beschränkt, sondern mit Anwaltsschreiben des Beklagten vom 18.9.2012 darüber hinaus weitere Forderungen gestellt und Leistungen verlangt, auf welche sie oder die vormalige Pächterin gleichfalls keinerlei Anspruch hatten, nämlich den Verzicht auch auf die Zahlung von Betriebskosten sowie Erstattung der von der Pächterin an ihn geleisteten Kaution in Höhe von 3.600,- €, tatsächlich 3.400,- €, und der anläßlich des Abschlusses des Pachtvertrages an den Makler gezahlten Provision von 5.000,- €, tatsächlich 4.650,- € netto. Die Ankündigung der Frau A, sich mit diesen Zahlungen kurzfristig eine neue Wohnung bzw. eine Wohngelegenheit verschaffen bzw. „über die Runden kommen“ zu können, vermag die Ankündigung, ansonsten in den Räumen zu verbleiben, nicht zu rechtfertigen. Ein Anspruch auf Erstattung der von ihr angeblich für das Inventar aufgewendeten Kosten in Höhe von ca. 20.000,- €, welche nunmehr vergebens aufgewendet seien, kam ohnehin aus keinerlei rechtlichem Grund in Betracht. Auch aus dem Inhalt des Schriftsatzes vom 18.9.2012, in dem dieser Betrag genannt ist, ergab sich nicht ansatzweise, daß und aus welchem Grunde der Pächterin oder Frau A hieraus ein Anspruch gegen den Kläger hätte zustehen können.
Die Unterzeichnung der Vereinbarung fügte dem Vermögen des Klägers einen Nachteil zu. Bereits durch die Vereinbarung mit dem Kläger erhielten die vormalige Pächterin sowie deren Gesellschafterinnen erhebliche Vermögenswerte, auf die sie keinen Anspruch hatten, nämlich neben dem Freiwerden von erheblichen Verbindlichkeiten aus dem Pachtverhältnis einen Anspruch der Frau A auf Zahlung von 8.050,- €. Es handelt sich auch nicht um eine mögliche Rechtsposition der Pächterin oder ihrer Gesellschafterinnen, über welche die Beteiligten verhandelt hätten. Denn die Pächterin und ihre Gesellschafterinnen hatten in der Sache keinerlei Einwände gegen ihre Zahlungspflichten erhoben, und sie hatten keinerlei Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages und auf Erstattung der Maklerkosten.
Der Annahme eines Schadens bereits durch Abschluß der Vereinbarung steht nicht entgegen, daß die genannte Vereinbarung unwirksam ist, da der Kläger sie wirksam wegen Drohung mit einem empfindlichen Übel angefochten hat (§ 142 Abs. 1, § 123 Abs. 1, § 124 Abs. 1 BGB). Denn auch eine Vermögensgefährdung, welche bereits durch den Abschluß der Vereinbarung begründet wurde, reicht insoweit aus. Die schriftlich getroffene Vereinbarung (§ 126 Abs. 2 BGB) bewirkte jedenfalls den erheblichen Anschein einer Verpflichtung des Klägers und begründete das nicht unerhebliche Risiko für ihn, die Wirksamkeit einer Anfechtung auch gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Die Wertung der Vereinbarung als anfechtbar war keineswegs sicher, wie bereits das klageabweisende Urteil des Landgerichts …, Az. …/12, in dem von dem Kläger gegen die Pächterin sowie ihre Gesellschafterinnen geführten Parallelrechtsstreit zeigt, welches dem Urteil des Oberlandesgerichts …, Az. …/13, vorausging.
Der bereits durch die Unterzeichnung der Vereinbarung begründete Vermögensnachteil wurde nochmals vertieft durch die auf der Grundlage der geschlossenen Vereinbarung erfolgte Übergabe des Betrages von 8.050,- € an Frau A anläßlich der Herausgabe des Pachtobjekts durch diese. Auch für diese Geldübergabe bestand die Kausalität der Drohung fort; sie war nicht dadurch unterbrochen, daß Frau A für die Pächterin das Pachtobjekt durch Übergabe der Schlüssel bereits herausgegeben hätte, so daß der Kläger, der zwar nicht bei der Übergabe des Pachtobjekts, aber zuvor anwaltlich beraten war, die Zahlung an sie und den Verzicht auf bestehende Ansprüche möglicherweise freiwillig und nicht unter dem Eindruck der Ankündigung, das Objekt nicht zu räumen, geleistet hätte. Die maßgebende Vereinbarung über die Vorgehensweise hatten die Beteiligten bereits zuvor schriftlich getroffen. Sie begründete wie oben dargelegt jedenfalls den Anschein entsprechender Ansprüche der Pächterin und deren Gesellschafterinnen. Am 27.9.2012 erfolgte lediglich die Durchführung dieser Vereinbarung. Das Unterlassen der Geldübergabe hätte die zuvor getroffene Vereinbarung nicht beseitigt. Daß auch der Kläger anwaltlich vertreten war, ist für diese Beurteilung ohne Bedeutung.
Zudem hatte die Pächterin mit der Übergabe der Schlüssel noch nicht jeden Besitzwillen und damit den Besitz an dem Pachtobjekt endgültig aufgegeben (§ 856 Abs. 1 BGB). Die Aufgabe des Besitzes als Voraussetzung der Herausgabe des Pachtobjekts erforderte, daß auch sämtliche Personen, welche für die Pächterin tätig waren, das Mietobjekt verließen. Dies war zum Zeitpunkt der Übergabe des Geldes jedoch noch nicht der Fall. Der gemeinsame Übergabetermin war noch nicht abgeschlossen. Die Räumung des Objekts dauerte unstreitig bis zum selben Abend gegen 19.00 Uhr fort. Das nachfolgende Verlassen des Grundstücks seitens der Vertreter und Mitarbeiter der Pächterin war auch nicht unabhängig von dem Erhalt des Geldes jedenfalls zu erwarten, da Frau A die Schlüssel ersichtlich nur im Hinblick auf das ihr anschließend zu übergebende Geld herausgab. Frau A ging zu diesem Zeitpunkt ersichtlich davon aus, im Gegenzug für die Herausgabe der Schlüssel noch das in der unterzeichneten Vereinbarung zugesagte Geld zu erhalten. Ersichtlich wollte sie den Besitz an dem Mietobjekt endgültig erst mit Erhalt des Geldes aufgeben.
Schließlich spricht eine Vermutung dafür, daß die Übergabe von Geld, die eine zuvor erzwungene entsprechende Zusage im Sinne einer Erpressung umsetzt, nun nicht freiwillig erfolgt, sondern weiterhin aufgrund der vorangegangenen Drohung mit einem empfindlichen Übel. Das Eingehen auf eine Forderung, welche unter Drohung mit einem empfindlichen Übel gestellt wird, ist nicht als freiwillig und als Ausdruck von Berechnung anzusehen, auch wenn hiermit gerade das Eintreten des angedrohten Übels vermieden werden soll. Vielmehr trägt es gerade der Zwangslage Rechnung und vollendet mithin gerade den Tatbestand der Erpressung.
Aus den gleichen Gründen kann in der Aushändigung des Geldes durch den Kläger auch keine Bestätigung des nichtigen oder anfechtbaren Rechtsgeschäfts gesehen werden (§ 141 Abs. 1, § 144 BGB). Denn während des Termins zur Übergabe der Pachtsache bestand die für den Kläger geschaffene Zwangslage wie dargelegt fort. Die Übergabe des Geldes durch den Kläger hatte vor dem dargelegten Hintergrund die Funktion, den Abschluß der Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts zu sichern, nicht aber offenbarte es den Willen des Klägers, trotz der Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten. Während die Herausgabe des Pachtobjekts an den Kläger noch nicht abgeschlossen war, bestand vielmehr für ihn weiterhin nicht die geringste Veranlassung, der Pächterin und Frau A die geforderten erheblichen Vermögensvorteile zukommen zu lassen. Sie konnten unter diesen Umständen in keiner Weise den Eindruck erhalten, der Kläger wollte durch die Übergabe des Geldes bestätigen, an der getroffenen Vereinbarung ungeachtet ihrer Anfechtbarkeit jedenfalls festhalten zu wollen (§§ 133, 157 BGB).