Das FG Hamburg hat wegen verfassungsrechtlicher Zweifel vorläufigen Rechtsschutz gegen die Abzinsung von Verbindlichkeiten mit einem Zinssatz von 5,5% gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gewährt.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind unverzinsliche Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag mehr als zwölf Monate beträgt und die nicht auf einer Anzahlung oder Vorauszahlung beruhen, mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen. Das mit Wirkung vom 01.01.1999 eingeführte Abzinsungsgebot soll dem Umstand Rechnung tragen, dass unverzinsliche Geldleistungsverpflichtungen weniger belastend sind als marktüblich verzinste Schulden; sie gebieten deshalb eine Abzinsung auf den niedrigeren Teilwert. In einer anhaltenden Niedrigzinsphase sind die in den Steuergesetzen festgelegten typisierenden Zinssätze von 6% (§ 238 AO und § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) bzw. von 5,5% (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zunehmend in die Kritik geraten, weil sie durch ihre „realitätsferne Bemessung“ den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren haben. Beim BVerfG sind verschiedene Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Zinssätze anhängig (2 BvR 2706/17, 2 BvL 22/17, 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17). Der BFH hat mit Beschlüssen vom 25.04.2018 (IX B 21/18 – BStBl II 2018, 415) und vom 03.09.2018 (VIII B 15/18 – BFH/NV 2018, 1279) bezogen auf § 233a AO Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt wegen „schwerwiegender verfassungsrechtlicher Zweifel“ an der Zinshöhe von 6% nach § 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Auch die Verwaltung setzt deswegen seit Ende 2018 auf Antrag die Vollziehung von Zinsbescheiden für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2012 aus.
Vor diesem Hintergrund hat das FG Hamburg auch ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungszinssatzes von 5,5% gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und hat Aussetzung der Vollziehung gewährt.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zu gewähren.
Die Beschwerde an den BFH wurde zugelassen.
juris-Redaktion
Quelle: Pressemitteilung des FH Hamburg Nr. 2/2019 v. 06.02.2019
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