Nachfolgend ein Beitrag vom 14.8.2017 von Jachmann-Michel, jurisPR-SteuerR 33/2017 Anm. 2

Leitsätze

1. Trägt der Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis, der Inhaber des höchstpersönlichen Statusrechts der Vertragsarztzulassung ist, selbst die Anschaffungskosten für den wirtschaftlichen Vorteil aus der Vertragsarztzulassung, ist das Wirtschaftsgut von ihm angeschafft und seinem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen.
2. Bei unmittelbarer Zahlung des Kaufpreises durch die Gesellschaft kann nach den Umständen des Einzelfalls der wirtschaftliche Vorteil aus der Vertragsarztzulassung von der Gesellschaft erworben werden und das Wirtschaftsgut auf Ebene der Gesamthand zu erfassen sein.
3. Zahlungen der Gesellschaft an den Veräußerer des wirtschaftlichen Vorteils aus der Zulassung können nach den Grundsätzen des Drittaufwands jedoch auch als vom Gesellschafter selbst getragene Anschaffungskosten zu würdigen sein, die wiederum zur Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters führen.
4. Das immaterielle Wirtschaftsgut des wirtschaftlichen Vorteils aus einer Vertragsarztzulassung ist weder abnutz- noch abschreibbar.

A. Problemstellung

Zu entscheiden war über die Nachholung einer notwendigen Beiladung im Revisionsverfahren und über die persönliche Zuordnung der Anschaffungskosten für eine Vertragsarztzulassung.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Kläger betrieben in den Streitjahren (2004 bis 2007) eine Gemeinschaftspraxis zunächst in der Rechtsform einer GbR und ab dem 01.06.2006 als Partnerschaftsgesellschaft. Die Partnerschaft wurde zum steuerlichen Übertragungsstichtag des 30.06.2008 in eine GmbH umgewandelt und am 16.12.2008 im Partnerschaftsregister gelöscht.
Zu Beginn des Streitjahres 2004 waren zunächst die Kläger L, S, B und CL Gesellschafter der damaligen GbR. Zum 01.10.2004 wurde KB als Gesellschafterin aufgenommen. Zu diesem Zweck schlossen die Kläger („Partner 1“) im Vorfeld mit M am 01.06.2004 einen Gemeinschaftspraxisvertrag. M wurde Gesellschafter der GbR. M hatte seine Arbeitskraft sowie den ideellen und materiellen Wert seiner bisherigen Praxis, die 17,1 km vom Sitz der Gemeinschaftspraxis entfernt lag, in die Gemeinschaftspraxis einzubringen und seinen Vertragsarztsitz in die Gemeinschaftspraxis zu verlegen. Der materielle und ideelle Wert seiner bisherigen Einzelpraxis wurde seinem Sonderbetriebsvermögen bei der GbR zugeordnet. Die „Partner 1“ waren geschäftsführungsbefugt, M war weder geschäftsführungs- noch vertretungsbefugt. Er sollte ohne Ausspruch einer Kündigung und ohne Abfindung aus der GbR ausscheiden, wenn der zwischen den „Partnern 1“ und dem von ihnen ausgesuchten Bewerber (KB) zu schließende Praxisübernahmevertrag realisiert und die Vertragsarztzulassung auf diesen Bewerber übergegangen sei. M hatte sich ab dem Eintritt am 01.07.2004 für zunächst drei Monate in der Gemeinschaftspraxis vertreten zu lassen. Die auf ihn entfallenden Gewinne sollten abweichend von der Regelung des Gemeinschaftspraxisvertrags, die eine prozentuale Verteilung unter den Partnern nach Maßgabe des erwirtschafteten Abrechnungsvolumens („Punkten im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit“) vorsah, ausschließlich den übrigen Gesellschaftern als Vertreterhonorare zustehen. Im Innenverhältnis wurde M von allen Verbindlichkeiten der GbR freigestellt.
M hatte umgehend nach Eintritt in die GbR die Verlegung seines Kassenarztsitzes bei der Kassenärztlichen Vereinigung anzuzeigen und die Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes zugunsten von KB zu beantragen. Sollte nach drei Monaten eine Überleitung der Zulassung des M auf KB nicht gelungen sein, war nach einer Lösung zu suchen, wie M nicht tatsächlich in der Gemeinschaftspraxis tätig werden müsse und zudem seine Beteiligung am Gewinn und Verlust ausgeschlossen bleiben könne. Bei Scheitern der Überleitung der Zulassung auf KB haftete die GbR gesamtschuldnerisch auf Zahlung eines Betrags i.H.v. … Euro, den die Parteien als „Kaufpreis“ bezeichneten, sofern M die gescheiterte Überleitung der Zulassung nicht zu vertreten habe. M und KB schlossen eine separate Vereinbarung, nach der M die Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes in der Gemeinschaftspraxis beantragen und alle im Verfahren notwendigen Willenserklärungen zur Nachbesetzung abgeben sollte. Mit Übertragung der Zulassung hatte KB an M den Betrag i.H.v. … Euro zu entrichten. M schied zum 30.09.2004 aus der GbR aus.
Zum 01.01. des Streitjahres 2006 wurde AS als Gesellschafter in die GbR aufgenommen. Die GbR nahm zudem zum 01.01.2006 auf der Grundlage eines geänderten Gemeinschaftspraxisvertrags nebst Anlage (beide v. 13.10.2005) P als Gesellschafter auf. Die Gesellschafter der GbR (die Kläger und KB als sog. „Partner 1“) vereinbarten auch mit P, dass dieser seine Arbeitskraft sowie den ideellen und materiellen Wert seiner bisherigen Praxis, die 7,1 km vom Sitz der Gemeinschaftspraxis entfernt war, in die Gemeinschaftspraxis einbringen und seinen Vertragsarztsitz dorthin verlegen sollte. Der ideelle und materielle Wert der bisherigen Einzelpraxis des P verblieb in seinem Sonderbetriebsvermögen. P war nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugt und sollte aus der GbR ohne Kündigung und Abfindung ausscheiden, wenn der zwischen den „Partnern 1“ und dem ausgewählten Bewerber (AS) zu schließende Praxisübernahmevertrag realisiert und die Zulassung des P auf diesen Bewerber übergegangen sein sollte. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass P sich ab dem Eintrittsdatum vertreten lassen sollte, die erwirtschafteten Honorare den übrigen Gesellschaftern als Vertreterhonorare zustehen sollten und P im Innenverhältnis von allen Verbindlichkeiten der GbR freigestellt werde. P hatte umgehend nach Eintritt in die GbR die Verlegung seines Kassenarztsitzes dorthin anzuzeigen und die Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes zugunsten des von der GbR ausgesuchten Bewerbers zu beantragen. Bei Scheitern der Überleitung der Zulassung hafteten die „Partner 1“ persönlich gesamtschuldnerisch auf Zahlung eines Betrags i.H.v. … Euro, den die Parteien als „Kaufpreis“ bezeichneten, sofern P die gescheiterte Überleitung der Zulassung nicht zu vertreten habe. Darüber hinaus schloss P mit der GbR einen weiteren Vertrag, der inhaltlich im Wesentlichen dem zwischen KB und M geschlossenen Vertrag entsprach. In diesem Vertrag wurde vereinbart, dass mit der Übertragung der Zulassung ein Betrag i.H.v. … Euro durch den von der GbR ausgewählten Nachfolger an P zu zahlen war. Die „Partner 1“ verpflichteten sich, auch für den Fall des erfolgreichen Zulassungsübergangs neben dem Neugesellschafter als Gesamtschuldner für die Zahlung des Kaufpreises zu haften. AS wurde vom Zulassungsausschuss die Zulassung für die Tätigkeit in der Gemeinschaftspraxis erteilt.
In den für das Streitjahr 2004 ergangenen gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheiden wurde M – anders als KB – als Mitunternehmer der GbR behandelt. In den gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheiden für das Streitjahr 2006 wurden sowohl P (Eintritt zum 01.01.2006; Austritt zum 31.03.2006) als auch AS (Eintritt zum 01.01.2006) als Mitunternehmer ausgewiesen. Die GbR zahlte im Streitjahr 2004 an M … Euro und im Streitjahr 2006 an P … Euro. In den Gewinnermittlungen (Einnahmenüberschussrechnungen) für die Streitjahre behandelte die GbR/Partnerschaft beide Zahlungen als Anschaffungskosten für einen erworbenen Praxiswert. Sie ermittelte AfA auf Grundlage einer Nutzungsdauer der zugekauften Praxiswerte von drei Jahren und machte die AfA-Beträge als Betriebsausgaben auf der Gesamthandsebene geltend.
Die nachfolgende Betriebsprüfung kam für die Streitjahre zu dem Ergebnis, dass die in 2004 und 2006 von der GbR gezahlten Beträge Anschaffungskosten auf einen nicht abschreibbaren wirtschaftlichen Vorteil aus den Vertragsarztzulassungen im Gesamthandsvermögen der GbR/Partnerschaft bildeten. Der Prüfer korrigierte die von der GbR/Partnerschaft auf den Praxiswert in Anspruch genommenen Abschreibungen und erhöhte die laufenden Gewinne auf der Gesamthandsebene in den Streitjahren entsprechend. Das beklagte Finanzamt schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre. In einem Feststellungsbescheid für das Jahre 2007 wurde der Mehrgewinn aus der nicht abzugsfähigen AfA wegen Ausscheidens der Klägerin CL ausschließlich den Klägern L, S und B zugeordnet.
Im finanzgerichtlichen Verfahren begehrten die Kläger mit dem Hauptantrag, die von der GbR an M und P gezahlten Vergütungen in den Streitjahren 2004 und 2006 in vollem Umfang als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben im Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen und die hieraus resultierenden Gewinnminderungen für 2004 ausschließlich bei den Klägern (L, S, B und CL) und für 2006 wegen Ausscheidens von CL nur bei L, S und B zu erfassen. Mit ihrem Hilfsantrag wollten die Kläger erreichen, dass die in 2004 und 2006 von der GbR gezahlten Beträge als Anschaffungskosten für das immaterielle Wirtschaftsgut „Vertragsarztsitz“ zu aktivieren, jeweils über sechs Jahre abzuschreiben und die Betriebsausgaben aus den AfA-Beträgen für 2004 und 2005 bei den Klägern (L, S, B und CL) sowie für 2006 und 2007 bei L, S und B zu erfassen waren.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen (FG Bremen, Urt. v. 24.08.2016 – 1 K 67/16 (6) – EFG 2017, 114). Die Revision der Kläger hatte Erfolg. Der BFH hat die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
I. Das Finanzgericht hat die in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden der Streitjahre genannten Mitgesellschafter und weiteren Feststellungsbeteiligten, die nicht selbst Klage erhoben haben, zu Unrecht nicht zum Verfahren notwendig beigeladen (§ 60 Abs. 3 FGO). Der Senat sieht von einer Nachholung der Beiladungen im Revisionsverfahren gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO ab. Die weiteren Mitgesellschafter der Kläger, die als Feststellungsbeteiligte in den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden der Streitjahre genannt sind, sind zum Verfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO).
Die Klagebefugnis für die Gewinnfeststellungsbescheide der Streitjahre steht gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO den Klägern zu, soweit sie im Zeitpunkt des Formwechsels noch Gesellschafter waren (BFH, Urt. v. 11.04.2013 – IV R 20/10 Rn. 19 – BStBl II 2013, 705); im Übrigen ergibt sie sich für die zuvor ausgeschiedenen Gesellschafter aus § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO. Soweit nicht alle in den streitgegenständlichen Bescheiden erfassten klagebefugten Feststellungsbeteiligten selbst Klage erhoben haben, sind sie zum Verfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO). Die vom Finanzgericht unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung vom 19.06.1990 (VIII B 3/89 – BFHE 161, 404 = BStBl II 1990, 1068, unter 2.) gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO angenommene Entbehrlichkeit der Beiladung der weiteren Feststellungsbeteiligten ist unzutreffend.
Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, der vom BFH von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 12.05.2016 – IV R 27/13 Rn. 17 – BFH/NV 2016, 1559). § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO ermöglicht dem BFH lediglich, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen. Der Senat sieht von einer Nachholung der Beiladungen im Revisionsverfahren jedoch ab. Diese ist nicht zweckmäßig, da der Streitfall ohnehin wegen noch zu treffender tatsächlicher Feststellungen an das Finanzgericht zurückzuverweisen ist (§ 123 Abs. 1 Satz 2 FGO).
II. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Die Würdigung des Finanzgerichts, dass Gegenstand des Erwerbs in den Streitjahren 2004 und 2006 nicht die Praxen des M und des P, sondern jeweils nur der wirtschaftliche Vorteil aus der Vertragsarztzulassung war, da nur dieser im Sinne des BFH-Urteils vom 09.08.2011 (VIII R 13/08 – BStBl II 2011, 875) zum Gegenstand des Veräußerungs- und Erwerbsvorgangs gemacht wurde, ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden (vgl. zur Abgrenzung des Erwerbs einer Einzelpraxis vom Erwerb des wirtschaftlichen Vorteils aus der Zulassung durch eine Gemeinschaftspraxis auch BFH, Urt. v. 21.02.2017 – VIII R 7/14 – BStBl II 2017, 689). Zudem hat das Finanzgericht das immaterielle Wirtschaftsgut des „wirtschaftlichen Vorteils aus einer Vertragsarztzulassung“ zutreffend – entgegen dem Hilfsantrag der Kläger – als ein nicht abnutzbares und damit nicht gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut behandelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf die Ausführungen im BFH-Urteil vom 21.02.2017 (VIII R 56/14 – BStBl II 2017, 694) Bezug.
2. Wird der wirtschaftliche Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung wie im Streitfall zum Gegenstand eines Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfts gemacht, ist Erwerber dieses immateriellen Wirtschaftsguts derjenige, der die Anschaffungskosten hierfür trägt oder dem sie steuerrechtlich zuzuordnen sind (BFH, Urt. v. 12.12.2000 – VIII R 22/92 Rn. 45 – BStBl II 2001, 385; Kulosa in: Schmidt, EStG, 36. Aufl., § 7 Rn. 54). Trägt der Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis, der Inhaber des höchstpersönlichen Statusrechts der Vertragsarztzulassung ist, selbst die Anschaffungskosten für den wirtschaftlichen Vorteil aus der Vertragsarztzulassung, ist das Wirtschaftsgut von ihm angeschafft und seinem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen (vgl. hierzu den durch das BFH-Urt. v. 21.02.2017 – VIII R 56/14 – BStBl II 2017, 694 entschiedenen Streitfall).
3. Eine unmittelbare Zahlung des Kaufpreises für den wirtschaftlichen Vorteil aus der Zulassung durch die Gesellschaft an den Veräußerer kann entgegen der Auffassung der Kläger auf einen Erwerb des wirtschaftlichen Vorteils durch die Gesellschaft selbst hindeuten. Kommen zu der Zahlung durch die Gesellschaft weitere Begleitumstände, z.B. das Führen von Vertragsverhandlungen durch die Gesellschaft mit dem Zulassungsveräußerer für einen von ihr auszuwählenden und zu bezeichnenden Zulassungsempfänger, hinzu, ist von einem Erwerb des Vorteils durch die Gesellschaft auszugehen, da offenbar das Interesse der Gesellschaft (der Altgesellschafter) im Vordergrund steht, das Leistungs- und Abrechnungsvolumen auf der Gesellschaftsebene zu erhalten oder zu erweitern. Der erworbene wirtschaftliche Vorteil aus der Vertragsarztzulassung ist in diesem Fall als immaterielles und nicht abschreibbares Wirtschaftsgut auf Ebene der Gesamthand zu erfassen. Die Auffassung der Kläger, dass sich ein von der Gesellschaft erworbener wirtschaftlicher Vorteil auf der Gesamthandsebene unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 09.08.2011 (VIII R 13/08 – BStBl II 2011, 875) untrennbar mit einem originär geschaffenen Praxiswert der Gesellschaft vereinige und die Aufwendungen zum Erwerb des Vorteils deshalb als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zur Erhöhung des Praxiswerts der Gesellschaft zu behandeln sind, teilt der Senat nicht. Das Auseinanderfallen der Abrechnungsberechtigung der GbR und der Zulassungsinhaberschaft des Arztes führt nicht dazu, dass kein selbstständiges Wirtschaftsgut vorliegt.
4. Zahlungen der Gesellschaft an den Veräußerer des wirtschaftlichen Vorteils aus der Zulassung können nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Abgrenzung echten und unechten Drittaufwands durch eine Abkürzung des Vertrags- oder Zahlungswegs jedoch auch als vom Gesellschafter selbst getragene Anschaffungskosten zu würdigen sein (vgl. zu Anschaffungskosten etwa BFH, Großer Senat, Beschl. v. 23.08.1999 – GrS 2/97 – BStBl II 1999, 782, unter C.IV.1.c aa; BFH, Urt. v. 12.12.2000 – VIII R 22/92 Rn. 45, 47 – BStBl II 2001, 385; BFH, Urt. v. 25.06.2008 – X R 36/05 – BFH/NV 2008, 2093; Anm. Dötsch, jurisPR-SteuerR 52/2008 Anm. 3; BFH, Urt. v. 16.07.2015 – III R 33/14 – BStBl II 2016, 44; Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 5/2016 Anm. 2; BFH, Urt. v. 15.07.2014 – X R 24/12 – BStBl II 2015, 132; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 3/2015 Anm. 3). Ist die Zahlung der Gesellschaft dem Gesellschafter nach diesen Grundsätzen als Tragung eigener Anschaffungskosten zuzurechnen, erwirbt der Neugesellschafter den wirtschaftlichen Vorteil aus der Vertragsarztzulassung in seinem Sonderbetriebsvermögen.
5. Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts lassen keine abschließende Beurteilung des Streitfalls zur Tragung der Anschaffungskosten auf Ebene der Gesellschaft oder im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter zu. KB hatte sich gegenüber M selbst zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. AS war durch die GbR gegenüber P zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet worden. Die GbR selbst hatte sich nur für den Fall des Scheiterns der Zulassungsüberleitung als Gesamtschuldnerin bzw. im Fall des AS als „gesamtschuldnerisch Haftende“ zur Zahlung verpflichtet. Feststellungen zu Absprachen zwischen KB/AS und der GbR, warum die GbR die Zahlungen an M und P ungeachtet der persönlichen Verpflichtungen der Neugesellschafter gegenüber M und P geleistet hat, hat das Finanzgericht nicht getroffen. Ob sich für den Fall, dass die Zahlungen der Gesellschaft zu Anschaffungskosten der Gesellschafter führen, weitere steuerliche Folgen für die Ermittlung des Gewinns der Gesellschaft bzw. der Einnahmen der beteiligten Gesellschafter ergeben, wird das Finanzgericht unter Berücksichtigung der jeweiligen – vielgestaltig denkbaren – Umstände des Streitfalles zu prüfen haben.

C. Kontext der Entscheidung

Ein Gewinnfeststellungsbescheid enthält eine Vielzahl selbstständiger und damit auch selbstständig anfechtbarer Feststellungen, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die im Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Zu diesen selbstständigen Feststellungen gehören insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns (oder Verlusts) sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer (BFH, Urt. v. 06.02.2014 – IV R 19/10 – BStBl II 2014, 522; BFH, Urt. v. 27.10.2015 – VIII R 47/12 – BStBl II 2016, 600; Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 15/2016 Anm. 1). Angefochten sind im Streitfall ausschließlich die Feststellungen zur Höhe des laufenden Gewinns der GbR/Partnerschaft und dessen Verteilung auf die Kläger.

D. Auswirkungen für die Praxis

Nach nunmehr bestätigter Rechtsprechung kam im Rahmen der Nachfolgeregelung eines Arztes ausnahmsweise nicht die Praxis des Vorgängers, sondern nur der wirtschaftliche Vorteil des der Vertragsarztzulassung Vertragsgegenstand sein. Das immaterielle Wirtschaftsgut des sog. wirtschaftlichen Vorteils aus einer Vertragsarztzulassung ist nicht abschreibbar. Wird der wirtschaftliche Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung zum Gegenstand eines Veräußerungs- und Anschaffungsgeschäfts gemacht, ist Erwerber dieses immateriellen Wirtschaftsguts derjenige, der die Anschaffungskosten hierfür trägt oder dem sie steuerrechtlich zuzuordnen sind. Trägt der Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis, der Inhaber des höchstpersönlichen Statusrechts der Vertragsarztzulassung ist, selbst die Anschaffungskosten, ist das Wirtschaftsgut seinem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen.